Vertreter der Kommunen im Oberen Nagoldtal mit dem neuen VHS-Chef (von links): Joachim Flik, Mario Gotterbarm, Jochen Stoll und Jürgen Großmann. Foto: Kunert Foto: Schwarzwälder Bote

Personalie: Der 38-jährige Mario Gotterbarm wechselt von der Uni Tübingen ins Nagoldtal

Leicht gemacht hat es sich die Verbandsversammlung wahrlich nicht: Nach einem echten Auswahlmarathon mit anfangs insgesamt 42 Bewerbern haben sich die Vertreter der Kommunen im Oberen Nagoldtal einstimmig auf Mario Gotterbarm als künftigen Chef ihrer Volkshochschule geeinigt.

Nagold. Ja, das Auswahlverfahren war sehr aufwändig, erläutert Nagolds Oberbürgermeister Jürgen Großmann bei der Vorstellung des 38-jährigen promovierten Literaturwissenschaftlers als künftigen Leiter der VHS Oberes Nagoldtal. Gotterbarm wechselt von der Universität Tübingen ins Nagoldtal, wo er seit 2013 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Seminar und Chef eines sechsköpfigen Teams unter anderem für die Koordination des fächerübergreifenden Master-Studiengangs "Literatur- und Kulturtheorie" mit über hundert Lehrenden aus der philosophischen Fakultät zuständig war.

Vier Bewerber in der engeren Auswahl

Insgesamt 42 Bewerber seien zwar immer noch viel, so Großmann weiter, aber vor 15 Jahren, als man sich damals letztlich auf die noch amtierende VHS-Chefin Angela Anding geeinigt habe, wären es fast 100 Bewerbungen gewesen, aus denen man hätte auswählen können. "Daran sieht man, dass in wirklich allen Bereichen die Arbeitskräfte immer begehrter werden." Von der 42 Bewerbern diesmal seien nach einer Vorauswahl insgesamt vier in die engere Wahl gekommen und – nach Durchführung von Telefoninterviews mit diesen Bewerbern – zu einem sogenannten "Assessment Center" eingeladen worden. Dies ist ein spezieller Auswahltest, bei dem sich die Bewerber in Arbeitssimulationen und Übungen bewähren müssten, die sich an der konkreten späteren Tätigkeit und damit verbundenen Anforderungen orientierten.

Zu diesem fast ganztägigen Bewerbertest habe man, so Großmann weiter, auch ein externes Coaching-Büro als fachlichem Begleiter zugezogen. Insgesamt seien drei Bewerber der Einladung gefolgt, von denen sich wiederum zwei letztlich der Befragung (dem "Grillen") durch die Verbandsversammlung der Träger der VHS Oberes Nagoldtal haben stellen müssen. Einstimmig einigten sich anschließend die Vertreter aus Nagold, Altensteig, Rohrdorf, Simmersfeld, Ebhausen, Egenhausen, Haiterbach und Wildberg in dieser letzten Auswahl-Runde auf Gotterbarm, der – was den Verbandsversammlungs-Vorsitzenden Großmann besonders freut – "einen sehr ähnlichen akademischen Hintergrund" und Bezug zu Volkshochschulen mitbringe wie seine Vorgängerin.

Mario Gotterbarm stammt nämlich wie Anding aus einem "VHS-Haushalt": Sein Vater sei 20 Jahre Leiter der VHS Backnang gewesen, danach Leiter der Volkshochschule Münsingen. Ein Highlight sei für ihn persönlich bis heute ein "VHS-Töpferkurs" gewesen, bei dem er einen Indianerkopf töpfern durfte, der noch heute in seinem Wohnzimmer einen Ehrenplatz habe. "Ich habe bereits gesehen, auch die Jugendkunstschule" – Teil der VHS Oberes Nagoldtal – "hat einen Brennofen", lacht Gotterbarm, der nun die Familientradition fortsetzen werde.

Eigentlich habe er aber mal Journalist werden wollen, habe schon als Schüler als freier Mitarbeiter für den Reutlinger Generalanzeiger gearbeitet. Ein (erstes) Studium der Kommunikationswissenschaft habe er an der Universität Hohenheim begonnen – aber "das war mir zu wirtschaftslastig". Weshalb er für ein Studium der Fächer Philosophie, Neuere deutsche Literatur und Kunstgeschichte an die Universität Tübingen gewechselt sei, wo er 2009 den "Magister Artium" mit der Gesamtnote "sehr gut" (1,0) errang. In dieser Zeit war Gotterbarm Stipendiat des Cusanuswerks.

Journalistische Ausbildung

Begleitend zu seinem Studium absolvierte Gotterbarm zudem eine journalistische Ausbildung als Stipendiat des (katholischen) "Instituts zur Förderung publizistischen Nachwuchses" (ifp-Journalistenschule). In dieser Zeit habe er Praktika und Hospitanzen unter anderem bei der Frankfurter Allgemeine Zeitung (in der er bis heute publiziert, zuletzt zu den Fake-Reportagen des ehemaligen Stern-Korrespondenten Claas Relotius), der Stuttgarter Zeitung, Radio Bremen, SWR und dem ZDF. Ab 2010 arbeitete Gotterbarm an seiner Promotion, die ihm schließlich 2014 mit der Gesamtnote "summa cum laude" im Fach Neuere deutsche Literatur verliehen wurde. Titel der Dissertation: "Die Gewalt des Moralisten. Zum Verhältnis von Ethik und Ästhetik bei W.G. Sebald."

Ab 2013 (bis heute) arbeitete Gotterbarm als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Seminar der Universität Tübingen, ab 2014 zusätzlich dort auch als Akademischer Rat auf Zeit. Wobei er "festgestellt habe, welche große Freude mir die Verwaltungsseite bereite" und wie gut er diese organisieren könne. Seit gut einem Jahr habe er deshalb gezielt Ausschau gehalten nach einer neuen Herausforderung, in die er seine Fähigkeiten optimal würde einbringen können. Die Ausschreibung der VHS Oberes Nagold "hat da perfekt gepasst für mich". Denn: "Bildung, Weiterbildung ist enorm wichtig für die Teilhabe der Menschen an der gesellschaftlichen Entwicklung." Eine Aufgabe, "mit der ich mich sehr gut identifizieren kann".

Antreten wird Gotterbarm seinen neuen Job zum 1. Januar 2020 – was heißt, dass er einen Monat lang mit seiner Vorgängerin Angela Anding wird zusammenarbeiten können, um sich in die neuen Pflichten optimal einführen zu lassen. Insgesamt wolle er sich "ein Jahr Zeit nehmen", um alle Abläufe der VHS Oberes Nagoldtal, alle Menschen und Strukturen kennenzulernen. Dann aber, so auch der von Jürgen Großmann formulierte Auftrag, werde es "um die gezielte Weiterentwicklung der VHS" für künftige Anforderungen gehen – die Großmann etwa im Bereich neuer Angebote für Sport und Gesundheit sieht, vor allem aber auch bei der Neuauflage der Zusammenarbeit mit umliegenden Hochschulen (Stichwort: VHS-Kolleg).