Bewohner des mittleren Steinbergs protestieren gegen die weitere Bebauung vor ihrer Haustüre. Foto: Mikulcic

Grünfläche am mittleren Steinberg soll Baugrund werden. Anwohner: "Planung über unsere Köpfe hinweg".

Nagold - Die Anwohner am mittleren Steinberg sind sauer. Die Stadt Nagold will ein Stück Grünfläche in ihrem Wohngebiet zur Bebauung freigeben. Vergangene Woche haben sich die Gegner dieses Vorhabens versammelt, um ihrem Unmut Ausdruck und ihren Belangen Nachdruck zu verleihen. Fast 60 Personen kamen zum Protest zusammen.

"Wir sind sehr irritiert über die Art und Weise, wie die Sache aufgezogen wird", sagt Karin Frey. Gemeinsam mit Sebastian Retsch, ebenfalls Anwohner am mittleren Steinberg, koordiniert sie die Anstrengungen in der Nachbarschaft, die Bebauung "einer unserer letzten Grünflächen" zu verhindern. "Keine weitere Bebauung in der Gäurandsteige. Diese Parkanlage muss erhalten bleiben", steht auf einem Banner, welches das allgemeine Begehren am mittleren Steinberg zum Ausdruck bringt.

"Wir haben noch keinen Bewohner gefunden, der nicht gegen die Bebauung der Parkanlage wäre", so Sebastian Retsch. Die Parkanlage werde genutzt und geschätzt, bekräftigen viele der Anwesenden. Zum einen nutzten Hundefreunde sie, um ihren Tieren Auslauf zu verschaffen, Kindern wäre sie ein willkommener Anlaufpunkt zum Schlittenfahren und es nisteten Vögel in den Ahornbäumen, an denen Bewohner in Eigeninitiative Nistkästen angebracht hätten.

Zum anderen verkehrten auf der Gäurandsteige Linienbusse, die – generell und insbesondere im Winter – durch in der Kurve parkende Anwohner-Fahrzeuge in ihrer Durchfahrt beeinträchtigt werden könnten. Zu Silvester sei die Fläche zudem ein beliebter und gerne aufgesuchter Treffpunkt für die gesamte Nachbarschaft. Und letzterdings sei der mittlere Steinberg bereits jetzt eines der am meisten verdichteten Baugebiete in Nagold.

Bisher – und darin liegt einige Brisanz – war das Rasenstück am oberen Ende der Gäurandsteige im Bebauungsplan der Stadt Nagold als Parkfläche ausgewiesen. Unter dieser Voraussetzung hatten damals auch die heutigen Grundstückseigner ihre Wohnflächen erworben. Eine solche, fachsprachlich "nicht überbaubare" Fläche könne nach geltendem Recht nicht einfach in Wohnbaufläche umgewandelt werden, äußern die Wortführer in einem Schreiben, das am 2. Juni an Oberbürgermeister Jürgen Großmann sowie die Vorsitzenden der Gemeinderatsfraktionen erging. Zum einen sprechen sich die Anwohner darin gegen die Bebauung selbst aus.

Zum anderen setzen sie sich gegen die Art zur Wehr, mit der die Angelegenheit vonseiten der Stadt gehandhabt worden sei: "Als interessierter Betrachter muss man den Eindruck gewinnen, dass die Stadtverwaltung die von ihr angestrebte Änderung des Bebauungsplans als reine Formsache angesehen hat."

Bereits im ersten Quartal des laufenden Jahres habe die Stadt die Fläche aktiv als "künftiges Baugebiet" beworben. Eine Unverschämtheit sei es, diesen Prozess so über die Köpfe der Anwohner hinweg voranzutreiben, wettern Betroffene. Moniert wurde bei der Protestaktion zudem, dass es auf dieses Schreiben noch keine Antwort gegeben habe.

"Seit gestern ist ein Schreiben unterwegs", sagte OB Jürgen Großmann auf Anfrage unserer Zeitung. Das Antwortschreiben sei gestern zunächst an die Kontaktperson der Bebauungsgegner versendet worden. Eine offizielle Kontaktierung aller Unterzeichner des Protestschreibens solle noch erfolgen. Den Gegnern werde ein Gesprächsangebot gemacht. Alles, was die Anwohner an Gegenargumenten vorzubringen hätten, soll gehört werden, so das Nagolder Stadtoberhaupt.

Zu der Bewerbung der Fläche im Rahmen der Immobilienmessen in Nagold und Böblingen äußerte sich Großmann wie folgt: "Das waren Testläufe". Man habe die Resonanz auf das Angebot auswerten und feststellen wollen, welche Form der Bebauung am ehesten nachgefragt würde. "Wir halten das Vorhaben für sehr sinnvoll und wichtig", legte Großmann zudem den Standpunkt der Stadtverwaltung dar.