Mehrjährige Haftstrafen müssen die jungen Täter nun verbüßen. Archiv-Foto: Ganswind Foto: Schwarzwälder Bote

Gericht: Urteil im Jugendbanden-Prozess bringt mehrjährige Haftstrafen für die Täter

Mit versteinerten Minen und regungslos nahmen die beiden jugendlichen Straftäter das Urteil im Jugendbanden-Prozess entgegen. Die 19-Jährigen wurden von der Polizei in Handschellen an ihre Plätze im Schwurgerichtssaal geführt.

Kreis Calw/Tübingen. Armin Ernst, Richter am Landgericht Tübingen, ließ etwas Milde walten und folgte nicht ganz der Härte des Plädoyers der Staatsanwältin Rotraud Hölscher. Diese forderte für den 19-jährigen Haupttäter aus dem Raum Rottenburg neben einer Haftstrafe auch den Entzug der Fahrerlaubnis.

Richter Ernst betonte diesbezüglich, dass man auf die positive Einwirkung der Jugendhaftstrafe hoffe und auf den Entzug des Führerscheins verzichte, damit der junge Mann später in einem Beruf keine Nachteile hat.

Insgesamt bescheinigte das Gericht dem Hauptangeklagten "brutalste und bösartigste Zerstörungswut", es habe ihm und auch seinem Komplizen Spaß gemacht, Schlepper, Autos, Fensterscheiben und Gebäude zu zerstören. Der Hauptangeklagte musste sich auch dem Tatvorwurf der schweren Brandstiftung stellen. Bei ihm lautete das Strafmaß im Urteil vier Jahre und drei Monate Jugendhaft – dort wird dem jungen Mann die Möglichkeit eingeräumt, eine Ausbildung zu machen. Sein Komplize bekam drei Jahre und drei Monate Jugendhaft, auch er soll und will eine Ausbildung während dieser Zeit absolvieren oder zumindest beginnen.

Die Liste der Taten, die beiden vorgeworfen werden, ist sehr lang. Die Taten wurden im Raum Rottenburg, Tuttlingen, Tübingen, Nagold, Rottweil und im Zollernalbkreis verübt (wir berichteten). Neben Einbrüchen und Diebstählen in Schuppen legte das Duo auch Brände – so fiel etwa die ehemalige Gaststätte "Schlitzohr" in Albstadt einem Brand zum Opfer, den der Haupttäter gelegt hatte.

"Bad or mad" (böse oder verrückt) fragte hier und angesichts weiterer Brandstiftungen Richter Armin Ernst insbesondere hinsichtlich des 19-Jährigen aus dem Raum Rottenburg. Bei "bad" drohe eine lange Haftstrafe, bei "mad" drohe bei Tatwiederholung die Einweisung in die geschlossene Psychiatrie. Der Richter erkannte die Schwere der gelegten Brände – hier gehe es nicht um "Zündeln", sondern um schwere Straftaten. Die Eigentümer der abgebrannten Objekte säßen nun zum Teil wie etwa die Besitzerin der Gaststätte "Schlitzohr" in Albstadt auf einem großen Berg von Schulden. Dies finanziell wieder gut zu machen, komme nach der Haftentlassung auf die Straftäter zu.

Der Haupttäter holte zu den Straftaten und den Diebeszügen durch Schuppengebiete in der Region auch zwei minderjährige Jugendliche mit ins Boot. Diese wurden vor wenigen Tagen von der dritten Großen Jugendkammer des Landgerichts Tübingen zu jeweils zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Aufhorchen lässt hier das Alter der beiden Jugendlichen, die bei etlichen Einbrüchen mitmachten: Sie sind 15 und 17 Jahre alt.

Der Hehler aus Herbrechtingen im Landkreis Heidenheim wurde zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Richter Armin Ernst betonte, dass der "Hehler so schlimm sei wie der Stehler" – ohne ihn hätten die zahlreichen Beutezüge der Jugendbande durch Schuppengebiete und Gartenhäuser sicherlich früher geendet. Nachts wurde in die Objekte eingebrochen, tagsüber wurden neue Objekte teils per Google Maps ausbaldowert.

Tagsüber fuhren die Jugendlichen im Ford Fiesta der Mutter eines der Angeklagten die Beute nach Herbrechtingen. Auf den Hehler wurden die Täter über Ebay-Kleinanzeigen aufmerksam. Der Hehler lieh das Geld zum Kauf der heißen Ware von seiner Freundin – insgesamt 3600 Euro. Er hätte wohl, so rechnete Richter Ernst vor, das Doppelte daran verdienen können. Doch die Ware wurde bei ihm sichergestellt, bevor sie verkauft werden konnte, da die Jugendlichen geständig waren. So konnten die Motorsägen und Kompressoren sowie weitere Gartenwerkzeuge an ihre ursprünglichen Besitzer ausgeliefert werden.

20 Minuten lang dauerte vor einigen Tagen die Verlesung der Anklageschrift durch die Staatsanwältin. Denn die Jugendbande verübte insgesamt 94 Straftaten, in teils wechselnder Besetzung. Nur der Hauptangeklagte war immer mit dabei, daher hat er als treibende Kraft der Beutezüge und Straftaten sowie als Hauptinitiator der Brände auch die Höchststrafe erhalten, wie Richter Armin Ernst ausführte. Im Chat mit seiner Freundin hatte er vor wenigen Monaten noch mit seinen Straftaten geprahlt – nun folgt die Strafe auf dem Fuß.