Als erste Seminargruppe der Akademie für Kinder-und Jugendparlamente waren die Jugendräte der Stadt Stuttgart auf der Burg Liebenzell (vordere Reihe, von rechts, die Seminarleiterinnen Ann-Kathrin Leide und Jovanna Schneider). Quelle: Unbekannt

Projekt: Kinder- und Jugendparlamente

Die Burg Liebenzell wird zum landesweiten Kompetenzzentrum für Jugendbeteiligung.

Bad Liebenzell. Das Internationale Forum Burg Liebenzell genießt seit 70 Jahren bundesweit einen guten Ruf als politische Jugendbildungseinrichtung. Das Forum ist darüber hinaus ab sofort der Akademiestandort in Baden-Württemberg für das auf vier Jahre angelegte Projekt "Akademie Kinder- und Jugendparlamente" des "Arbeitskreises deutscher Bildungsstätten". Beauftragt durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), wird künftig auf der Burg ein ganzes Unterstützungspaket zur Demokratiebildung im Land angeboten, das vollständig der durch die Pandemie stark gebeutelten Jugend zugutekommt.

Der Fokus der Akademie liegt auf Kinder- und Jugendparlamenten als Teil einer bunten Beteiligungslandschaft, weil sie die größte Nähe zu den politisch-parlamentarischen Strukturen, vor allem zur Kommunalpolitik, aufweisen, heißt es sinngemäß auf der Internetseite der Akademie für Kinder- und Jugendparlamente. Und weiter heißt es dort: Die Jugendparlamente und -gemeinderäte böten daher größte Möglichkeiten zur "Mitwirkung mit Wirkung". Politische Jugendbildung hat auch den Auftrag, der Politikverdrossenheit durch Aufklärung und Dialog entgegenzuwirken. Junge Menschen in ihrem Engagement bestmöglich zu unterstützen, ist Anliegen des Konzepts, denn wenn sie sich an demokratischen Prozessen beteiligen, erleben sie auch die Möglichkeiten staatsbürgerlicher Verantwortung.

"Corona war für uns wie für viele Bildungseinrichtungen eine existenzielle Bedrohung", macht der Leiter des Internationalen Forums, Martin Eckhard, deutlich. "Das war aber gleichzeitig auch die Chance, uns personell und inhaltlich neu auszurichten."

Die beiden Akademiereferentinnen Ann-Kathrin Leide und Jovanna Schneider haben das Konzept zur Bewerbung als Akademiestandort erarbeitet, "das in seiner inhaltlichen Breite und Schlüssigkeit überzeugt hat, was für uns ein erster und wichtiger Erfolg unserer neuen Ansätze ist.", so Eckhard.

"Alleinstellungsmerkmal und deshalb erwähnenswert ist dabei, dass tatsächlich auf der Burg Liebenzell für mehrere Jahre ein Kompetenzzentrum für Jugendbeteiligung in ganz Baden-Württemberg geschaffen wurde, das zudem im Austausch mit den entsprechenden Einrichtungen in den anderen Bundesländern steht." Ein erstes Vernetzungstreffen hat bereits im August stattgefunden, an dem für das Internationale Forum Leide und Schneider teilgenommen haben.

Den Erfolg zu feiern, war noch gar nicht möglich, denn "wir haben sofort mit der Umsetzung des neuen Konzepts begonnen", erzählt Ann-Kathrin Leide. Das Internationale Forum hat bisher schon regelmäßig gemeinsame Veranstaltungen mit Jugendgemeinderäten der Region durchgeführt und kooperiert mit dem Dachverband der Jugendgemeinderäte Baden-Württemberg.

"Als neuer Akademiestandort wollen wir die Jugendgemeinderäte noch weiter in den Fokus rücken und die Kinder- und Jugendbeteiligung im Land gemeinsam mit unserem Netzwerk stärken", so Leide. Um die demokratische Beteiligung Jugendlicher nachhaltiger auch in den öffentlichen Verwaltungen zu verankern, sind im dreiteiligen Akademiekonzept entsprechende Beratungen und Begleitungen auf der Ebene der Kommunalverwaltungen geplant. Kooperationen mit Verwaltungshochschulen sollen schon dort Bewusstsein für die Jugendbeteiligung schaffen, wo Verwaltungskräfte ausgebildet werden, erläutert die Referentin weiter.

Zeitgleich zum Seminar des Stuttgarter Jugendrates waren deren Kollegen des Jugendrats aus dem Stadtteil Vaihingen auf der Burg. "Ein zentraler Punkt im Konzept ist der Netzwerkgedanke auf allen Ebenen", sagte Roland Kelm vom Haupt- und Personalamt der Landeshauptstadt, der eine Gruppe der Stuttgarter Jugendräte begleitet hat.

In diesen beiden ersten Seminaren befassten sich die Jugendlichen mit eigenen Themen, die sie in den Kennenlern-Runden am Freitagabend setzten. Beispielsweise "Was braucht es, um Jugendräte zu stärken?" oder "Die nachhaltige Demokratisierung geht zurück, wie können wir sie aktiv vorantreiben?" Wie sie ihre Öffentlichkeitsarbeit ausbauen können, war Thema eines Workshops. Mit einem Brainstorming im Ausblick auf die nächste Jugendratswahl 2023 sammelten sie zunächst Ideen und erarbeiteten sich dann einen Zeit- beziehungsweise Fahrplan hin zur Wahl.

Ihre Feedbacks zum Tagungsort Burg Liebenzell, waren durchweg positiv: "Hier herrscht eine gute Atmosphäre, um auf Ideen zu kommen.", "Die Abgeschiedenheit tut gut, es gibt keine Ablenkung.", "Die technische Ausstattung ist top.", "Hier können wir Ideen sammeln für größere Projekte.", so einige Beispiele. Und das, obwohl der Neubau, das künftige Europa-Haus mit modernen Zweibett-Zimmern samt Nasszelle und dem zum Multifunktionsraum für große Gruppen erweiterten Speisesaal noch gar nicht fertiggestellt ist. "Mit der Einweihung unseres Neubaus im Frühjahr 2022 feiern wir dann auch unsere neue Funktion als landesweiter Akademiestandort für Kinder- und Jugendparlamente.", freut sich Martin Eckhard schon heute auf diesen besonderen Anlass.