Erich Maier an seinem Arbeitsplatz im Stadtarchiv im Kulturzentrum Schloss im Jahr 2010 Foto: Karin Becker (Stadtarchiv Schramberg)

In dieser Woche ist Alt-Stadtarchivar Erich Maier im hohen Alter von 91 Jahren in seiner Heimatstadt verstorben. Zum Gedenken veröffentlichen wir einen persönlichen Essay, den sein Nachfolger geschrieben hat.

Schramberg - Erich Maier war zeitlebens im Bernecktal seiner Heimatstadt zu Hause, eindrucksvoll beherrscht von der Burg Falkenstein. Die Falkensteiner Kapelle zu ihren Füßen gilt als ältestes Gotteshaus in Schramberg, in der sich mit der "Falkensteiner Beweinung" auch das wertvollste Kunstwerk der Fünftälerstadt des Schwarzwaldes befindet. Erich Maier trug den Geist dieser Landschaft, ihrer Burg und ihrer Kapelle in sich, ihre Geschichte faszinierte ihn schon früh und prägten seine Persönlichkeit.

Älteste historische Überlieferung von Schramberg

Mit der Burg Falkenstein ist die älteste historische Überlieferung von Schramberg verbunden: Im Jahr 1030 floh Herzog Ernst II. von Schwaben vor seinem Stiefvater Kaiser Konrad II. auf eine Burg Falkenstein im Schwarzwald. Kurz darauf fiel er zusammen mit seinem Freund Werner von Kyburg, den er nicht verraten wollte, bei einem Kampf mit Graf Mangold auf der Baar. Sein Schicksal hat zunächst der Chronist Wipo (* vor 1000; † nach 1046) in seinem Werk "Gesta Chuonradi II. imperatoris" der Nachwelt überliefert ("Die Taten von Kaiser Konrad II.").

Der Zufluchtsort im Schwarzwald wird dagegen in den etwas später entstandenen Annalen des Klosters Sankt Gallen in der Schweiz erwähnt, in dem die Herren von Ramstein und die Herren von Falkenstein im Raum Schramberg eine führende Rolle spielten. Dort heißt es, Ernst II. von Schwaben habe sich zusammen mit seinem Freund Werner von Kyburg auf eine Burg Falkenstein zurückgezogen ("castro quod Falchenstein dicitur"). Die Forschung lokalisiert diese Burg im Bernecktal bei Schramberg und deutet sie als befestigten Turm in einem königlichen Jagd- und Waldgebiet, der vermutlich zur Aufzucht von Jagdfalken diente – einer besonders edlen Art der Jagd.

Geschichte von Herzog Ernst II. ist Leidenschaft

In der historisch-literarischen Darstellung wurde schon in einem im 12. Jahrhundert geschriebenen Epos "Herzog Ernst" die Freundestreue zwischen Ernst II. von Schwaben und Werner von Kyburg zum zentralen Motiv dieser Geschichte. Im Mittelalter waren mit dem Begriff "Treue" ("triuwe") mehrere bedeutende Wertvorstellungen verbunden: die Treue zu Gott, die Treue zur Familie, die Treue zum Dienst und die Treue zur Menschlichkeit. Ihre höchste Ausprägung fand dieses Treueverständnis im Ideal des Rittertums.

Erich Maier kannte die Geschichte von Herzog Ernst II. von Schwaben auf Burg Falkenstein bereits als Schüler – und nahm sie tief in sich auf. Sein Lehrer Johannes Bäuerle gab zwölf seiner Schüler jeweils einen Teil der Geschichte zum Auswendiglernen. Erich Maier sammelte von seinen Mitschülern alle Teile ein und schrieb sie in ein Schulheft. Er liebte die Geschichte zeitlebens – und erzählte sie zuweilen vor allem Schülern, wenn sie bei Besuchen im Stadtarchiv Schramberg etwas aus der Geschichte ihrer Heimatstadt erfahren wollten.

In seiner Liebe zu dieser Geschichte zeigt sich im Rückblick, dass auch er ein Mensch war, für den das traditionelle Treueverständnis persönlichkeitsbildend war. Sein Leben überzeugte durch Treue zu Gott, zur Familie, zur Heimat und zur Menschlichkeit. Und es vollendete sich dort, wo es auch begonnen hatte – zu Hause im Bernecktal bei der Burg Falkenstein, wo Ernst II. von Schwaben und Werner von Kyburg bereits vor 1000 Jahren ihre Freundestreue zeigten.