Der Hangrutsch und seine Folgen beschäftigt das Landratsamt, die Gemeinde und die Betroffenen seit 2015. Foto: Katja Weiger

Zum zweiten Mal hat der Nusplinger Gemeinderat sein Einvernehmen zur vom Balinger Landratsamt geplanten Hangsanierung an der Hartsteige verweigert. Die Weigerung hat zumindest die Bremswirkung nicht verfehlt: Jetzt lässt sich das Landratsamt Zeit.

Wie die Behörde auf Anfrage unserer Redaktion mitteilt, hat sie – anders als zuletzt berichtet – das verweigerte Einvernehmen bisher nicht „ersetzt“ und sieht fürs Erste auch keinen Anlass, es zu tun.

 

Aufgrund der Verzögerung, die durch die zweimalige Verweigerung des Einvernehmens entstanden sei, sei es jetzt zu spät, um 2023 noch mit den Bauarbeiten zu beginnen – die Sache habe also keine Eile.

Zumal man in Balingen derzeit auch noch auf eine Rückmeldung der nächsthöheren Instanz, nämlich des Tübinger Regierungspräsidiums, wartet. Dieses hat auf Anfrage des Schwarzwälder Boten bestätigt, dass ihm Widersprüche gegen die Nusplinger Hangsicherungspläne vorliegen – und außerdem, dass es dem Landratsamt des Zollernalbkreises in dieser Sache technische Expertise angeboten habe. Weitere Auskünfte könne man – schwebendes Verfahren! – derzeit nicht geben.

„Diese Misere ist von Menschen gemacht“

Entschieden ist also nichts – und bis auf weiteres bleibt das so. Damit schwebt weiterhin ein Damoklesschwert über dem Haupt des Bauunternehmers, an den sich das Landratsamt zu halten gedenkt, wenn dereinst die Baukosten der Hangsicherung abgerechnet werden.

Dass es sich beim Nusplinger Hangrutsch nicht um einen Fall von höherer Gewalt handelt, sondern um eine von Menschen gemachte Misere, hatten Gutachter bereits 2015 festgestellt; wer sie jedoch zu verantworten hat, ob der Hang erst durch spätere Baumaßnahmen eines sogenannten „Handlungsstörers“ oder bereits Jahre zuvor durch die früheren Aktivitäten der zuerst ansässigen „Zustandsstörer“ instabil wurde, darüber gehen die Ansichten in Nusplingen auseinander.

Nicht so in Balingen – dort hat man den „Handlungsstörer“ in die engere Wahl für Haftungsansprüche genommen, und der scheint jetzt den schwarzen Peter zu haben.

Der schwarze Peter könnte schwärzer nicht sein

Er könnte kaum schwärzer sein: Das Landratsamt schätzt die Höhe der Hangsicherungskosten auf ungefähr eine Million Euro. Indes ist diese Kalkulation nicht mehr taufrisch; der Betrag könnte mittlerweile höher liegen. Und dann stellt sich noch die Frage, welche Folgen die amtliche Schuldzuweisung für etwaige zivilrechtliche Ansprüche haben könnte. Ein Fass ohne Boden, so scheint es.

Dies ist der Grund, weshalb der Nusplinger Gemeinderat schon zum zweiten Mal sein Einvernehmen zur Hangsicherung verweigert hat: Dass man seinen Segen dazu gegeben habe, dass ein Mitbürger in den Ruin getrieben wurde, das mochte sich am Ende keiner vorwerfen lassen – auch in der zweiten Abstimmung über das gemeindliche Einvernehmen am 22. Juni enthielten sich alle Räte der Stimme, was einer Ablehnung gleichkam. Sie ließen auch erkennen, dass sie eine Sanierungskostenübernahme durch den Fiskus nicht unbillig fänden.

Schließlich seien die Bauprojekte an der Hartsteige einst alle von einer Fachbehörde abgesegnet worden. Von welcher? Dem Landratsamt.

Der Hangrutsch und seine Folgen

Massive Erdbewegungen
an der Hartsteige in Nusplingen führten dazu, dass Anfang 2015 zwei Häuser evakuiert werden mussten. Die beiden Familien mussten ausziehen. Für die betroffenen Anlieger aus Hartsteige und Kirchwiesenstraße begann damit eine Zeit des Wartens – etwa auf Untersuchungsberichte und neue Ergebnisse. Erste Erkenntnisse, was die Nusplinger Hartsteige ins Rutschen gebracht hat, wurden im April veröffentlicht. Das beauftragte Ingenieurbüro kam zum vorläufigen Ergebnis, dass »verschiedene Baumaßnahmen« in der Hartsteige sowie in der Kirchwiesenstraße Ursachen waren. Der Schlussbericht von Gutachter Johannes Giere im Juli kam zum selben Ergebnis.

Kurzfristige Stabilität
in den Hang brachten schließlich Tonnen von Schotter, die den Hangfuß stützen. Auch ein Neubau wurde angefüllt. Als Lösung für die Zukunft empfahlen die Fachleute eine Bohrpfahlwand.