Für den in Kippenheim geborenen Zeitzeugen ging ein Traum in Erfüllung: Nach 82-jährigem Exil in der USA erhielt der heute 93-Jährige am 12. Juli 2023 die deutsche Staatsbürgerschaft zurück.
Für Kurt Salomon Maier ist seine Wiedereinbürgerung eine Konsequenz seiner Heimatliebe: Geboren 1930 in Kippenheim waren er und seine Familie Diskriminierungen und Schikanen durch die Nationalsozialisten ausgesetzt.
Andererseits erfuhren sie aber auch Unterstützung durch Nachbarn und Bekannte.
Am 22. Oktober 1940 wurden die Familie Maier, zusammen mit mehr als 5600 jüdischen Menschen aus Baden im Rahmen der „Wagner-Bürckel-Aktion“ aus ihrer Heimat gerissen und in das südfranzösische Konzentrationslager Gurs verschleppt.
Flucht vor den Nationalsozialisten war in letzter Minute geglückt
Nur weil die Familie schon zwei Jahre vorher die Ausreise in die USA beantragt hatte und auf der Warteliste für ein Visum stand und weil Verwandte in Texas sich immer wieder für sie einsetzten, gelang ihr buchstäblich in letzter Minute im Sommer 1941 die Überfahrt nach Amerika. Für die meisten anderen Deportierten war Gurs nur eine Zwischenstation auf dem Weg in den Tod.
Wenige Monate nach der Ankunft der Familie Maier in den USA entzogen die nationalsozialistischen Machthabern den ins Ausland geflohenen Juden und Jüdinnen die deutsche Staatsbürgerschaft. Es ist mehr als verständlich, dass viele jüdische Emigranten aus Deutschland ihrer Heimat für immer den Rücken kehrten. Doch bei Kurt Salomon Maier war dies anders: Zwar wurde er Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika, denen er so viel verdankte, blieb aber im Herzen Deutscher. Nach dem Krieg studiert er deutsche Geschichte und Literatur, seit 1978 arbeitet er in der deutschen Abteilung der Library of Congress in Washington D.C.. Bereits in den 1950er-Jahren besuchte er Deutschland; auf Einladung der beiden großen Kirchen in Baden hielt er seit 1989 zahllose Vorträge über die Deportation vor Schulklassen und Erwachsenen. 2019 erhielt er als Dank das Bundesverdienstkreuz.
Maier: „Jetzt habe ich wieder ein Vaterland“
So ist es nur folgerichtig, dass Kurt Salomon Maier sich um eine Wiedereinbürgerung bemühte. Erstaunlich kurz fiel die Bearbeitung seines Antrags aus – weniger als drei Monate! Die Wiedereinbürgerung fand in einer sehr bewegenden Zeremonie in der Deutschen Botschaft in Washington D.C. statt. Maier trug einen Anzug, den er bereits bei seiner Bar-Mizwa-Feier 1943 in New York und später bei seiner Hochzeit getragen hatte.
Nach der feierlichen Überreichung der Einbürgerungsurkunde durch den Gesandten und ständigen Vertreter des Botschafters Axel Dittmann bedankte sich der Geehrte. Er fühle sich wie der Titelheld der Kurzgeschichte „The Man without a Country“ des amerikanischen Schriftstellers Everett Hale, den man auch seiner Staatsbürgerschaft beraubt hatte: „82 Jahre lang war ich ein Mann ohne Vaterland und fühlte mich auch so. Jetzt habe ich wieder ein Vaterland.“
Vortrag in Kippenheim
Kurt Salomon Maier wird am 10. September, ab 20 Uhr in der Ehemaligen Synagoge Kippenheim über seine Kindheit in Kippenheim, über die Deportation und sein Leben in den USA berichten.