Blumenmädchen Elza (Hannah Rühl) wird zum Studienobjekt von Henry Higgins (Jan-Philip Hilger) und Oberst Pickering (Matthias Brandebusemeyer, rechts) Quelle: Unbekannt

"My Fair Lady", der Klassiker unter den Musicals schlechthin, hat sich in am Donnerstagabend in Lahr als spritziges, höchst vergnügliches Bühnenspektakel manifestiert. Ohne pandemiebedingten Ausfall kam aber diese Produktion nicht davon.

Lahr. Auch wenn das Veranstaltungsgeschehen überall hochgefahren wird, die meisten pandemiebedingten Einschränkungen fallen. Der Inzidenzwert klettert zu immer neuen Höchstständen, ohne Ausfälle kommt derzeit kaum eine Bühnenproduktion davon. Bei der Kammeroper Köln erwischte es in dieser Woche Mario Zuber, den Professor Higgins in der Neuauflage des Musicals "My Fair Lady". Innerhalb von 24 Stunden musste für das Gastspiel in Lahr eine Alternativlösung gefunden werden. Am Ende kam dabei eine Zweiteilung heraus: Schauspieler Jan-Philip Hilger schlüpfte in die Rolle des kauzigen Phonetikprofessors, die Gesangspartien wurden von dem am Bühnenrand platzierten Tenor Tylor Steele übernommen.

Hauptdarsteller muss wegen Corona kurzfristig ersetzt werden

Das Publikum im Parktheater wurde davon letztendlich aber kaum tangiert. Es erlebte eine wunderbar erfrischende Aufführung, die einfach Spaß gemacht hat, auch wenn die einzelnen Zutaten längst in allen Ehren Patina angesetzt haben.

Die zumeist schwungvoll marschierenden Gesangsnummern besitzen den Status von Evergreens, die Orchestrierung ist schmissig, wartet mit viel schepperndem Blech auf. Hinzu kommt der zeitlose Charme der Story um das Blumenmädchen Eliza, das Henry Higgins in der Gosse aufliest und zu einer feinen Lady macht. Ein pointiertes Sittengemälde mit britischem Charme und reichlich Sozialromantik, gewürzt mit viel Humor, spritzigen Gesangs- und Tanzeinlagen. Die Kammeroper Köln, die deutsche Musical Company und die Kölner Symphoniker unter der Leitung von Esther Hilsberg-Schaarmann setzten zweieinhalb Stunden lang eine starke Duftmarke mit viel Glanz und Pomp. Hannah Rühl war das Blumenmädchen Eliza, die zur feinen Dame mutiert und dabei nur sehr zögerlich ihre herrlich breite Gossensprache ablegt. Henry Higgins (Jan-Philip Hilger/Tyler Steele) und Oberst Pickering (Matthias Brandebusemeyer), zwei aristokratische Sprachexperten, die eine nicht ganz lupenreine Wette abschließen, in Eliza mehr ein Studienobjekt als eine junge Frau sehen. Als Gegenentwurf Elizas Vater, der Müllkutscher Alfred P. Doolittle, ein trinkfreudiger Mann voller Lebenslust, der Moral je nach Kassenlage definiert. Dazu ein zehnköpfiges Bühnenensemble, das immer wieder mit Tanzeinlagen glänzt, und ein Orchester im Graben, das nichts anbrennen lässt.

Unter dem Strich war es ein starkes Stück Unterhaltungskost, das von der ersten bis zur letzten Sekunde zu punkten vermochte.

"My Fair Lady" von Frederick Loewe und Alan J. Lerner, die 1956 uraufgeführte Adaption des Kammerspiels "Pygmalion" von Bernard Shaw, entwickelte sich zu einem absoluten Klassiker unter den Musicals, der am Broadway alle Rekorde gebrochen hat. Das Gleiche gilt auch für die deutsche Fassung, deren Soundtrack noch immer als größter Charterfolg in der deutschen Musikgeschichte gilt.