Urteil: Nach 13 Jahre Haft für Mord an eigener Mutter kommt 52-Jähriger nicht frei/ Verteidiger kündigt Revision an

Mötzingen. Bereits am Freitag hat die Erste Große Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts als Schwurgerichtskammer nach sechs Monaten dauernder Beweisaufnahme per Urteil die nachträgliche Sicherungsverwahrung gegen den Mötzinger Skulpturenkünstler Stefan E. angeordnet. In der Begründung heißt es, dass E. auch nach Verbüßung seiner 13 Jahre Haft wegen Totschlags an seiner Mutter noch für die Allgemeinheit gefährlich ist. Das Urteil war eigentlich erst für den 25. September geplant.

Mit dem Urteil sind die Richter dem Antrag der Staatsanwaltschaft gefolgt, die noch am Donnerstag im Plädoyer die Gefährlichkeit des 52-jährigen ausdrücklich betonte und sich auch an der Empfehlung des bekannten forensisch-psychiatrischen Gutachters Peter Winckler orientierte. Durch die zahlreichen Verbal-Gewalttaten in der Haft gegen männliche und weibliche Vollzugsbedienstete habe der Häftling E. gezeigt, dass er noch nicht reif für die Freiheit ist. Der Sachverständige hatte festgestellt, dass der 52-Jährige seit Haftbeginn und auch schon früher an einer schweren Persönlichkeitsstörung, einer "abartige schizotypische Störung", leide. In diesem Zustand bilde er allgemein, vor allem gegenüber Familienmitgliedern eine potenzielle Gefahr.

Stefan E. hatte am 2. Januar 2007 in seinem Mötzinger Elternhaus seine Mutter mit einem Skulpturenschlegel durch mehre Schläge auf den Kopf getötet und war damals von der selben Strafkammer zu 13 Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt worden. Mordqualifizierende Gründe hatten die Richter damals nicht festgestellt.

Die Regel bei Verurteilten ist, dass sie bei guter Führung nur Zweidrittel ihrer Strafe absitzen müssen, vor allem bei Erstverbüßern. Diese Vorschrift griff bei E. nicht, da er schon kurz nach seiner Überstellung in den Strafvollzug Forderungen stellte, die nicht erfüllbar waren und er bei jeweiliger Ablehnung gewalttätig wurde. Seine jahrelange Unbequemlichkeit bis hin zu einem Versuch, einen Vollzugsbeamten durch einen Stromschlag zu verletzten, hatte das Fass zum Überlaufen gebracht. Jedoch sah es im Laufe des Verfahrens um die Nachträgliche Verhängung der Sicherungsverwahrung zuweilen danach aus, dass der Antrag des Staatsanwalts abgelehnt wird.

Jedoch entschieden sich die Richter gegen E., der wegen seiner Mal- und Skulpturenkunst nicht nur im Gäu, sondern darüber hinaus bekannt war. Er hatte nach einem Kunststudium in Herrenberg bei mehreren Ausstellungen ansehnliche Erfolge gefeiert. Im Herrenberger Skulpturenpfad sind einige seiner Werke zu sehen. Auch in seinem Strafvollzug hatte er Skizzen gemalt, soweit es ihm möglich war. In einem Bild war ihm zudem vorgeworfen worden, die Gewalt gegen Frauen zu verherrlichen, weil bei dem Werk angeblich ein Messer in der Brust einer Frau steckte. Es stellte sich jedoch heraus, dass es kein Messer war.

Wie lange Stefan E. in der Sicherungsverwahrung bleiben muss, ist unklar. Erst wenn Sachverständige seine Gefährlichkeit herunterstufen, könnte er wieder in Freiheit kommen. Sein Verteidiger, Rechtsanwalt Michael Lepp aus Stuttgart, hatte noch am Donnerstag dieser Woche auf Freilassung von E. plädiert. Er will gegen die Entscheidung Revision beim Bundesgerichtshof einlegen.