Gesenkte und morsche Holzbalken haben im Laufe der Jahre zur Schieflage des Mötzinger Kirchturms geführt. Das Fachwerk kommt nun unter Putz.Foto: Geisel Foto: Schwarzwälder Bote

Sanierung: Arbeiten rücken Bauwerk wieder gerade

Mötzingen. Der "schiefe Turm von Mötzingen" wird dieses Jahr endlich begradigt. Vergangene Woche haben die Arbeiten an der Mauritius-Kirche nach mehreren Jahren Vorlauf endlich begonnen.

Mit ihrem Baujahr 1792 ist die Mötzinger Kirche verhältnismäßig jung. Sie wurde als Ersatz für das baufällig und zu klein gewordene Vorgänger-Gotteshaus errichtet. Zu dieser Zeit sehr stark gewesen sei der Pietismus, weiß Pfarrer Stefan Taut. Die Stärkung des Gemeinschaftsgefühls sei ein Ansinnen dieser Bewegung gewesen. Daraus resultiert wohl auch die besondere Ausrichtung im Innenraum: Ein Querschiff ermöglicht eine bessere Sicht auf den Pfarrer. Die Reihen sind breiter, dafür gibt es nicht so viele hintereinander. Es entsteht ein Gefühl von mehr Nähe.

Die Schräglage des Kirchturms sei schon immer ein Markenzeichen Mötzingens gewesen, erzählt Andrea Wilhelm, Vorsitzende des Kirchengemeinderats und Mitglied im Bauausschuss. "Materialermüdung" sei der Grund. Gesenkte und morsche Holzbalken haben zu der Schieflage geführt. Ein Problem ist hier das wunderschöne, freigelegte Fachwerk. Das ist zwar toll anzusehen, allerdings handle es sich um kein Sichtfachwerk, erklärt Pfarrer Stefan Taut. Es war nie dazu gedacht, freigelegt und der Witterung ausgesetzt zu werden, sondern sollte verputzt sein.

Inzwischen ist die Schieflage so ausgeprägt, dass sie behoben werden muss, berichtet Andrea Wilhelm. Ein Prozess, der "echt spannend" werden dürfte, findet sie. Der Turm wird angehoben und die Balken erneuert, dadurch wird er gerader. Mit der Entscheidung über die Zukunft des Fachwerks hat die Kirchengemeinde lange gerungen. Schlussendlich fiel sie dafür aus, den Turm zu verputzen.

Zuletzt sei in den 1990er- Jahren "aufwendig und kostspielig" saniert worden, erinnert sich Wilhelm. Es handle sich aber einfach nicht um ein Sichtfachwerk. Es bringe also nichts, es sichtbar zu erhalten, wenn es dann wieder durch Witterung beschädigt werde. Trotzdem geht Pfarrer Taut davon aus, dass dieser optische Hingucker den Leuten fehlen wird.

Auf der Turmseite der Kirche ist für die Durchführung der Maßnahme eine Staubschutzwand erforderlich. Sie soll verhindern, dass sich der anfallende Dreck der Arbeiten im ganzen Gotteshaus verteilt. Denn aufgrund der Statik ist ein Stahlträger erforderlich und für diesen müssen zwei Bodenplatten entfernt werden. Der Eingang auf der Turmseite wird daher auch geschlossen.

Die Turmbegradigung ist nun der erste Bauabschnitt, dessen Umsetzung wohl mindestens bis Ende des Jahres dauern wird, schätzt Andrea Wilhelm. Es wäre Glück, wäre die Maßnahme zu Weihnachten beendet, fügt Stefan Taut hinzu. Ein Bauausschuss koordiniert die Maßnahme, die Planung hat Architekt Jürgen Plikat aus Neubulach übernommen.

Im zweiten Bauabschnitt sollen die morschen Dachbalken der Kirche folgen. Der "Klassiker", meint Taut, eine Schwachstelle, die viele Kirchen hätten. Eigentlich wollte man endlich die Innenraumrenovierung angehen, als man auf das Problem stieß, erinnert sich Wilhelm. "Jetzt kommen wir wieder nicht dazu." Das ziehe sich nun schon über Jahre, erzählen Wilhelm und Taut. Als dann auch noch die Pfarrhaus-Renovierung dazu kam, war der Innenraum der Kirche erstmal vom Tisch.

Schon jetzt mussten die beiden notwendigen Maßnahmen in zwei Abschnitte aufgeteilt werden, da nur der erste sicher finanziert und mit dem Denkmalamt final abgeklärt ist.

Die Kosten für den ersten Bauabschnitt belaufen sich auf voraussichtlich rund 600 000 Euro, davon trägt die Kirchengemeinde rund 314 000 Euro. Davon wiederum sind knapp 188 000 Euro bereits finanziert. Pfarrer Taut bedankt sich in dem Zusammenhang für die "sehr große Spendenbereitschaft".