Seine Videos auf YouTube werden millionenfach geklickt: Als unterbelichteter Migrant wurde Tedros Teclebrhan berühmt. Mittlerweile verkörpert er viele Figuren. Foto: Screenshot YouTube

Mit einem fingierten Integrationstest auf YouTube wurde Tedros Teclebrhan aus Mössingen berühmt.

Mössingen - Millionen haben Tedros Teclebrhan dabei zugesehen, als er sich über den Integrationstest lustig machte. Seitdem erneuert er den deutschen Humor und zeigt das lässig-leicht auf ZDFneo.

Es gibt Geschichten, die sind wie für Journalisten geschrieben: Ein Junge flüchtet vor dem Bürgerkrieg in Eritrea, landet mit seiner Mutter in einem deutschen Asylbewerberheim und schließlich in Mössingen, einer schwäbischen Kleinstadt. Ein schwarzer Junge, der Ärger macht auf der Hauptschule, für ein Jahr ins Heim geht und irgendwann mit abgebrochener Ausbildung dasteht. "Ich habe viel Quatsch gemacht", sagt Tedros Teclebrhan. Mehr will er dazu nicht sagen.

Er besucht seine Tante in Kanada, ein Moment der Erkenntnis: "Es macht klick", als sie ihm vom Bürgerkrieg erzählt. Nach diesem Gespräch will Teclebrhan klarkommen im Leben. Zurück in Deutschland lässt er sich "Tesfa" auf den Arm tätowieren. Das heißt Hoffnung auf Tigrinya, der Sprache in Eritrea.

Menschen erkennen ihn auf der Straße

Ein Jahrzehnt später hat er seine eigene Sendung auf ZDFneo: "Teddy’s Show". Die Menschen erkennen ihn auf der Straße, Jugendliche wiederholen seine Sätze ehrfürchtig wie Gebete:

Seine Tournee "Was laberscht du?", mit der er zurzeit durch den Südwesten tourt, dürfte ihn noch berühmter machen.

Bekannt wurde Tedros Teclebrhan mit der "Umfrage zum Integrationstest" vor einem Jahr. Innerhalb von fünf Tagen hatte das YouTube-Video eine Million Klicks. Heute sind es über 17 Millionen. Wer schafft das schon?

Das Video erschien in einer Zeit, als alle über Migranten sprachen. Teddy alias Antoine Burtz tauchte im Internet auf wie der Alptraum eines Integrationsbeauftragten: breitbeinig, blondierter Schnurrbart, weißes Feinripp-Shirt. Was er dafür tut, um sich zu integrieren? "Boah, isch hab viel gemacht, ey. Bei uns is normal, isch schlag mei Frau. Ich hab die nicht mehr jetzt geschlagen – seit zwei Monate!" Ist das echt, fragen sich einige User. Oder ist es Quatsch?

Die Frage, wann denn die Mauer gefallen ist, reizt Antoine zum Lachen. "Was fürn Fall, Alter? Was laberscht du?" Tedros Teclebrhan sollte dieses Video oft erklären. Unter anderem in einer Talkrunde mit Giovanni di Lorenzo, als die Schauspielerin Barbara Rütting, die lange bei den Grünen war, mit ernstem Gesicht erklärte, dass man so etwas mit Humor nehmen muss, auch wenn es bedrückend ist.

Und Tedros Teclebrhan sitzt inmitten des Bildungsbürgertums, das ihn verblüfft begutachtet, als er erklärt, dass er als Jugendlicher nie im Theater war und trotzdem Schauspieler werden wollte. Und er sagt geduldig, dass es ihm gar nicht um politische Satire ging. "Ich finde nur die Situation lustig, wenn jemand etwas falsch beantwortet und sich dann irgendwie retten will."

Belgisches Viertel, Köln. Tedros Teclebrhan sitzt im "Salon Schmitz: grauer Hut, weißes T-Shirt, lässig. "Ich finde Antoine so geil, weil er zu sich steht", sagt er. "Er macht alles falsch, ist aber irgendwie sympathisch. Was ist denn so schlimm, wenn jemand was Falsches sagt? Natürlich darf man Fehler machen."

Was ist mit den anderen Figuren? Der Schwabe Ernst Riedler, der Tag für Tag in der Weinstube sitzt und über Ausländer lästert? Was ist das für ein Typ? "Ernschtrhittler", sagt Teclebrhan. Soll das klingen wie Hitler? "Nein." Teclebrhan verzieht keine Miene. Und dann: "Es gibt ja auch die Stadt Riedlingen."

Teclebrhan erklärt seine Witze nicht; fragt man nach, antwortet er freundlich, man weiß aber trotzdem nicht, ob er einen gerade verspottet. Nein, die Figur Ernst Riedler sei keine Rache an den Schwaben, sagt er. Er ahme einfach gerne Menschen nach. "Ich gehe nicht mit Zeigefinger an Figuren", sagt er. "Ich erzähle nur das, was mir widerfährt, was ich mag, und was ich nicht mag."

Mit seinem Humor erfindet er Comedy neu

Damit erfindet er gerade die deutsche Comedy neu – nicht nach dem Offensichtlichen haschend, weniger laut. Auf ZDFneo führt er so entspannt durch seine Show, als käme er gerade aus der Sauna. Seine Videoclips, die er zwischendurch einspielt, wirken, als hätte er an einem langweiligen Nachmittag mit einem Kumpel und einer Kamera herumgealbert. Eigentlich sind diese Filme nicht besonders lustig. Jedenfalls nicht nach den klassischen Regeln des Humors. "Was ist denn lustig?", fragt Teclebrhan. Kalauer? Witze, die knallen? "Flanke und Tor?" Tedros Teclebrhan schaut zum ersten Mal so, als sei es ihm wirklich ernst: "Nein", sagt er knapp.

Worüber lacht man also, wenn man einen Clip von Tedros Teclebrhan anschaut? Manche Videos dauern 17 Minuten und bekommen trotz dieser Längen drei Millionen Klicks auf YouTube.

Bei der ersten Begegnung mit Teddy denkt man sich: "Was für ein Quatsch!" Beim zweiten Mal wird es schon lustiger, irgendwie hat sich dieser absurde Humor im Gehirn verhakt. Und beim dritten Mal heult man vor Lachen. "Ich setz mich nicht unter Druck", sagt Teddy. "Ich spiele nur. Es geht nicht um Pointen, nicht um Knaller, ich spiele einfach nur."

Und das gut. Teclebrhan hat sein Handwerk gelernt. Er war auf der Schauspielschule in Stuttgart. Die Gebühr musste er von der Miete abzweigen. Seine Mutter blieb gelassen, als die Stadtwerke den Strom abstellten.

Dann kam ein Stipendium, und es ging aufwärts. Teclebrhan spielte für die SWR-Serie "Laible und Frisch" Peter Gesesse, einen schwarzen, schwäbelnden Tankstellenwart. Die perfekte Rolle. Tedros Teclebrhan hat seine Fans zumeist mit Rollen gewonnen, in denen er eher bildungsferne Migranten spielt. Und er macht sich gerne über Rassismus lustig. Aber man tut ihm Unrecht, wenn man ihn auf diese Rolle reduziert.

In Gesprächen muss er öfter auf seine Schauspielausbildung hinweisen. Dabei spielt er unaufdringlich und pointiert, kann singen, tanzen ein Profi eben. Er war ein Jahr lang beim Musical "Hairspray". Seitdem, sagt Tedros, kann er Müdigkeit und schlechte Laune ignorieren.

Seine gut gelaunte Selbstironie lässt selbst Kollegen steif aussehen, die viel länger im Geschäft sind. Als Teclebrhan im Juni bei Stefan Raab sitzt, fragt der herablassend, welche Perspektive es denn für ihn beim ZDF gibt. "Ich krieg erst mal ne Aufenthaltsgenehmigung", konterte Teclebrhan. Wie bleibt man denn nur so cool? "Es ist wichtig, sich selbst nicht ernst zu nehmen. Dein Gegenüber kocht auch nur mit Wasser." Kurze Pause: "Und natürlich viel Marihuana."

Mehr Informationen:

www.youtube.com/watch?v=vcAN-Efb57I

www.facebook.com/Teddy.Comedy