Noch in dieser Woche wird Richard Strauß mit einem Bus an die ukrainische Grenze fahren. Ziel ist Tulcea in Rumänien. Dort werden ukrainische Flüchtlinge einsteigen. Der 62-Jährige aus St. Georgen will sie sicher in den Schwarzwald bringen.
St. Georgen - Er ist seit 40 Jahren Busfahrer. An diesem Morgen hat er Schulkinder gefahren über Furtwangen nach Triberg und Schonach. Um 5 Uhr geht es los auf dem Betriebshof der Firma Fichter in Mönchweiler. "Der Chef hat gesagt: Wir fahren in die Ukraine, aber du wirst nicht wollen, Richard?" "Doch", habe er geantwortet, "Ich habe kein Problem damit." Er war schon in Afrika mit dem Bus, auch in Marokko und den USA. Eigentlich hatte der Touristik-Fachwirt ein eigenes kleines Unternehmen bei Offenburg. Bis ihm gesundheitliche Probleme zu schaffen machten.
Gemüse als zweites Standbein
Inzwischen hat er als zweites Standbein das Gemüse entdeckt. Frisch von der Reichenau eingekauft, ist der gebürtige Waldmössinger mit Möhren, Lauch, Zwiebeln und vielem mehr seit drei Jahren unterwegs auf den Wochenmärkten der Region. "Im vergangenen Jahr habe ich zuviel gemacht", erzählt er. Er war fünf Tage in der Woche auf dem Markt, in Öfingen, Sunthausen, Dornhan, Pfohren, Unterkirnach und St. Georgen, nachdem er zuvor die Schulkinder gefahren hatte. Dieses Jahr will Richard Strauß nur noch die Märkte in Unterkirnach und St. Georgen beliefern.
Und seit drei Monaten hat er die Scheune auf dem "Sternenhof" in Oberkirnach geöffnet. Orangen vor dem Scheunentor locken Autofahrer an der Kreuzung von Oberkirnach nach Brigach ins Innere des Hofs. Die Orangen sind aus Spanien, genauer gesagt aus Valencia. Pepe, ebenfalls Busfahrer und in St. Georgen aufgewachsen, liefert das Obst aus naturbelassenem Anbau. Auch Vincenzo bringt manchmal Orangen aus Italien mit, die Richard Strauß auf dem Sternenhof verkauft.
Im Inneren der Scheune gibt es neben Zitronen und naturbelassener Streuwürze, Molkensuppe, lactosefreier Gemüsebrühe und Gewürzen auch Schwarzwälder Whisky und Gin. Die liefert der Kilpenhof bei Furtwangen/Gütenbach. "Das ist eine besondere Qualität", sagt Richard Strauß, der zusammen mit seiner Lebensgefährtin Sigrid Stockburger den Sternenhof bewohnt.
Am Freitag geht es los
Am Freitag geht es los in Richtung Ukraine. "Ganz wohl ist mir nicht", gesteht Sigrid Stockburger. "Aber er macht sich keinen Kopf. Und irgendjemand muss den Leuten ja helfen." Die Flüchtlinge, die derzeit in Rumänien ausharren, stammen aus Furtwangens ukrainischer Partnerstadt Wylkowe, wo einer der Donauarme ins Schwarze Meer mündert. Insgesamt drei Busfahrer wollen sich abwechseln und bringen Lebensmittel und andere Hilfsgüter mit.
Familie King vom Harzwaldhof, die einen Hofladen zwischen Locherhof und Mariazell betreibt, steuert den Proviant für Fahrer und die ukrainischen Flüchtlinge bei, weiterer Proviant kommt von einem Edeka-Geschäft aus Furtwangen.
Unterbringung in ehemaligem Studentenwohnheim
Wo die Flüchtlinge, es handelt sich um Frauen und Kinder, in Furtwangen untergebracht werden, ist bereits geklärt, informiert Furtwangens Pressereferentin Francesca Hermann. Hierzu werde ein derzeit leer stehendes ehemaliges Studentenwohnheim in der Albert-Schweitzer-Straße genutzt. Wieviel Personen es sein werden, stehe noch nicht genau fest, im Moment gehe man von 60 aus. Maximal könnten in den beiden Bussen, die im Auftrag der Stadt Furtwangen diese Tour unternähmen, 90 Personen transportiert werden. Wenn das Studentenwohnheim nicht genug Kapazität habe, gebe es aber auch aus den Reihen der Bevölkerung genügend Angebote für Unterkünfte.
Anfang der neuen Woche will Richard Strauß zurück sein in St. Georgen. Dann bereitet er Hof und Scheune auf ein Scheunenfest vor, das bei schönem Wetter am Palmsonntag stattfinden soll. Mit dabei sein werden Schaffende aus der Region, Erzeugnisse und Werke vom Black Forest Craft in St. Georgen, Schnapsbrenner und andere.