Immer wieder erreichen Boote mit Migranten die italienische Insel Lampedusa. Die EU will mit einer Asylreform in Zukunft gezielter gegen illegale Migration vorgehen. Foto: dpa/Francisco Seco

Die EU-Mitglieder einigen sich auf die umstrittene Krisenverordnung. Im Europaparlament liegen die Positionen in Sachen Asylreform aber weit auseinander.

Die Reform des EU-Asylrechts rückt näher. Am Mittwoch haben sich die EU-Staaten nach wochenlangem Streit auf eine gemeinsame Position in Sachen Krisenverordnung geeinigt. Sie ist ein zentrales Element der geplanten EU-Asylreform. Über sie könnte etwa bei einem starken Anstieg der Migration der Zeitraum verlängert werden, in dem Menschen unter haftähnlichen Bedingungen festgehalten werden dürfen. Zudem könnte der Kreis vergrößert werden, der für die geplanten strengen Grenzverfahren infrage kommt. Grundsätzlich sehen die Pläne für die EU-Asylreform zahlreiche Ergänzungen und Verschärfungen vor, um unerwünschte Migration zu begrenzen.

Berlin hat die Reform lange blockiert

Gegen den Krisenmechanismus hat sich auch Deutschland lange gestemmt. In Brüssel hatte die Bundesregierung die Verordnung zunächst abgelehnt, weil EU-Staaten das Regelwerk nutzen könnten, um Schutzstandards für Migranten auf ein zweifelhaftes Niveau abzusenken. Bei einem Treffen der Innenminister kürzlich in Brüssel gab Berlin dem Druck der EU-Mitgliedstaaten nach kleineren Zugeständnissen aber nach. Dann plötzlich sperrte sich Italien gegen die Krisenverordnung. Laut Diplomaten störte sich Rom an der Finanzierung ziviler Seenotrettungsprojekte durch Deutschland. Nun stimmte aber auch Italien im Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten einem Kompromiss zu.

Der nächste Schritt werden nun Verhandlungen mit dem Europaparlament sein. Die Zeit drängt angesichts der Europawahl im Juni 2024. Denn Projekte, die bis dahin nicht mit den Regierungen der Mitgliedstaaten ausgehandelt sind, könnten infrage gestellt werden und sich verzögern. Eine Einigung im Parlament auf eine gemeinsame Position ist aber schwierig. Im Laufe einer Plenardebatte am Mittwoch über die Asylreform wurde deutlich, wie weit die Standpunkte der Abgeordneten auseinanderliegen.

Positionen im Parlament liegen weit auseinander

Cornelia Ernst, migrationspolitische Sprecherin der Linken im Europaparlament, ist überzeugt, dass durch die geplante Reform „das individuelle Recht auf Asyl zerschlagen“ werde. Auch würde sie zu „einem Totalschaden der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa führen“. Dem hält Lena Düpont, migrationspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Gruppe, entgegen: „Deutschland und Europa müssen die illegale Migration deutlich reduzieren, um weiterhin Schutzbedürftigen Asyl gewähren zu können. Angesichts neuer Migrationsströme ist Vernunft und verantwortliches Regierungshandeln geboten.“ Skepsis kommt vonseiten der Grünen. Der Europaparlamentarier Erik Marquardt betont, dass sich seine Partei „für eine humane EU-Migrationspolitik und sichere und legale Weg in die EU“ und eine gerechte Verteilung der Geflüchteten zwischen den Mitgliedstaaten einsetzen werde.

EU-Kommissar räumt Versäumnisse ein

EU-Migrationskommissar Margaritis Schinas räumte in Straßburg Versäumnisse der EU bei der Migrationspolitik ein. Es sei nun wichtig, einen gemeinsamen Ausgangspunkt für eine Reform des gesamten Asylsystems zu finden. Heikel seien die Beziehungen zu den Ländern gewesen, aus denen viele Migranten nach Europa kommen. Es habe sich gezeigt, dass die von der EU geleistete Entwicklungshilfe den Menschen vor Ort oft nicht geholfen habe. Der EU-Migrationskommissar versprach einen Paradigmenwechsel. Den Menschen in den Herkunftsstaaten müsste die Aussicht auf eine bessere Zukunft geboten werden.