Spielmacher mit Zug zum Korb: Ludwigsburgs Michael Stockton. Foto: Pressefoto Baumann

Es ist nicht leicht, einen berühmten Vater zu haben. Das gilt auch für Michael Stockton. Er ist der Sohn einer lebenden Basketball-Legende – und will in Ludwigsburg trotzdem seine eigenen Fußspuren hinterlassen.

Ludwigsburg - Er trägt einen großen Namen – und er weiß das. Selbst wenn er mal nicht daran denken sollte, kommt sicher jemand um die Ecke und fragt: „Sind Sie nicht der Sohn von . . .?“ Michael Stockton (24) nickt dann immer. Es ist sein Schicksal. Das Schicksal, Sohn eines der besten Basketballprofis der Geschichte zu sein. Sohn von John Stockton, NBA-Legende und Doppel-Olympiasieger mit dem Dream Team der USA (1992 in Barcelona und 1996 in Atlanta).

Auch in Ludwigsburg vergeht kein Tag, an dem Michael Stockton nicht auf seinen berühmten Vater angesprochen wird. Die Ähnlichkeit ist ja auch frappierend. Die Nase, die Augen, beide 1,85 m groß, 82 kg schwer – die Gene eben. Sogar die Frisur trägt Michael wie John. Seit dem Sommer spielt der junge Stockton bei den MHP Riesen. Vor dem Heimspiel an diesem Mittwoch (19.30 Uhr/MHP-Arena) gegen Topfavorit Bayern München verrät er: „Es ist okay, dass die Leute immer nach meinem Dad fragen.“

Allerdings: Der Neuzugang von Zweitligist BG Karlsruhe will sein Engagement in der Barockstadt auch nutzen, um herauszutreten aus dem Schatten seines Vaters. Er sei zwar sein Vorbild, trotzdem wolle er sich emanzipieren. Weg von Stockton senior, der 2003 seine Karriere beendete und dessen Erfolgsliste schier unendlich lang ist. Einzig der Titel in der NBA blieb ihm in seinen 19 Jahren bei den Utah Jazz verwehrt. Nun sagt Michael Stockton im Brustton der Überzeugung: „Ich trete nicht in seine Fußstapfen, ich will meine eigenen hinterlassen.“

Verlängerter Arm des Trainers auf dem Feld

Und damit hat er in Ludwigsburg bereits angefangen. Beim 83:75-Auftaktsieg des Bundesligisten vor sechs Tagen gegen die Eisbären Bremerhaven zeigte der Mann mit der Nummer 20 auf dem Trikot, was in ihm steckt. Der Regisseur der Riesen begeisterte das Publikum und wurde groß gefeiert. Bei seinem BBL-Debüt erzielte er 20 Punkte, verteilte acht Assists – einer der Liga-Spitzenwerte am ersten Spieltag. Beim 74:64-Auswärtserfolg in Vechta legte Stockton am Sonntag mit 17 Punkten nach. Riesen-Coach John Patrick ist längst überzeugt von den spielerischen Fähigkeiten seines Landsmanns. „Er ist vielseitig, ein toller Passgeber und hat ein hohes Spielverständnis“, sagt der US-amerikanische Coach der Ludwigsburger. Den Übergang von Liga zwei in die BBL scheint Stockton spielend leicht gemeistert zu haben – auch wenn er sagt: „Es ist etwas ganz anderes. Die Hallen sind größer, und es gibt viel mehr Zuschauer. Das macht einen natürlich nervöser.“

Anzumerken ist ihm das nicht. Stockton ist bei den Ludwigsburgern der lange vermisste Spielmacher und verlängerte Arm des Trainers auf dem Feld. „In Sachen Basketball sprechen wir dieselbe Sprache, und er hat sehr gute Führungsqualitäten“, verrät John Patrick. Der Coach hat Michael Stockton deshalb zum Kapitän ernannt, obwohl der US-Boy mit seinen 24 Jahren nicht die Erfahrung des früheren kroatischen Nationalspielers Mario Stojic (33) oder eines Adam Waleskowski (30) hat.

Doch Verantwortung übernehmen zu müssen hat auch etwas Gutes: Diese Herausforderung half dem Aufbauspieler aus der Mormonenstadt Salt Lake City, in Ludwigsburg auf Anhieb heimisch zu werden. Schon bald will ihn auch seine Familie besuchen kommen. Dann wird Michael Stockton seinen Eltern das Residenzschloss zeigen, das ihn besonders beeindruckt hat: „Es ist wunderschön.“ Bei einer Pressekonferenz im Ordenssaal knipste er mit seinem Smartphone unzählige Bilder. „Für meine Mum“, erklärt Stockton, „sie will immer wissen, was ich mache.“ Vater John sei dagegen mehr am Sport interessiert. Deswegen wird Michael Stockton nach dem Spiel gegen die Bayern wieder mal zum Handy greifen – dann steht ein Gespräch zwischen Vater und Sohn an. Über Basketball.

Für das Duell der Ludwigsburger Basketballer gegen Titelfavorit Bayern München an diesem Mittwoch, 19.30 Uhr, in der MHP-Arena (Fassungsvermögen: 4500 Zuschauer) gibt es nur noch wenige Sitz- und Stehplatzkarten an der Abendkasse.