Tobias Conzelmann und Carla Klein umrahmten den Gottesdienst musikalisch. Foto: Franke Foto: Schwarzwälder Bote

Religion: Evangelische Kirchengemeinde feiert einen Kneipengottesdienst im "Tonic"

Meßstetten. Im Gottesdienst während der Predigt am Bierglas zu nippen ist eigentlich kaum denkbar, beim Kneipengottesdienst der evangelischen Kirchengemeinde Meßstetten aber möglich: "Gehen wir doch mal zu den Leuten, wo sie sich wohl fühlen", war einer der Gedanken, der einen kleinen Kreis aus Musikliebhabern umtrieb, die Initiative zu einem Gottesdienst im "Tonic" zu ergreifen. Dieser kleine Kreis nennt sich "Musikstammtisch" und besteht aus Pfarrer Reinhold Schuttkowski, Martin Haas, Lothar Gerstenecker und Christian Maag.

Ideale Voraussetzungen für einen Gottesdienst mit lockerem Charakter, wo man sich danach noch auf ein Bier zusammensetzen und mit einander ins Gespräch kommen kann: Das "Tonic" bot genug Platz für viele Besucher und ist öffentlich genug, um Menschen einzuladen, die einen Gottesdienst in anderer Atmosphäre erleben wollen – oder Menschen, die eher selten ein Gotteshaus betreten. In einmaliger Atmosphäre feierten knapp 100 Christen den ersten Kneipengottesdienst der Stadt.

Einige Dinge waren beim Kneipengottesdienst einfach anders: Statt Orgelmusik gab es beim Kneipengottesdienst Gitarrenmusik von Tobias Conzelmann. Carla Klein ergänzte seinen Gesang mit den zarten Klängen ihrer Violine. Statt zum Gesangsbuch griffen die Besucher zum Liedblatt und sangen mit Conzelmann das "Halleluja" von Leonard Cohen. Danach wurde es erst mal still an einem Ort, wo sonst eher hektischer und lauter Barbetrieb herrscht.

Pfarrer Reinhold Schuttkowski interviewte einige Gäste, die offen einräumten, eher aus Neugier gekommen zu sein. Lothar Gerstenecker erzählte, dass er von einer französischen Freundin dazu animiert wurde, verstärkt durch die Erinnerungen an seine Studentenzeit, in der man an der Bar durchaus auch mal hochphilosophische Gespräche geführt habe.

Ein kurzes Video von Jana Highholder, die auf Youtube von ihrem Glauben erzählt, zeigte, wie sehr Menschen von ihrem Gauben getragen werden können – und das in einem Alltag, der größtenteils außerhalb der Kirchenmauern stattfindet.

Bruno Lachmann las den Bibeltext zur Predigt vor, in dem es darum geht, sich selbst anzunehmen wie man ist. Schuttkowski erklärte, dass es wichtig sei, den Anderen nicht so machen zu wollen, wie man selbst ist, sondern so anzunehmen wie er ist. An Jesus erkenne man, wie das funktionieren könnte: Er sei auf die Menschen zugegangen, oft auf jene, die am nötigsten Zuwendung brauchten.

Den Gottesdienst verfolgten die Besucher von ihren Tischen aus; einzig zum Vaterunser wurden sie gebeten, sich zu erheben.

Manche Dinge gingen auch wie gewohnt über die Bühne: Es gab eine Kollekte, und auch der Segen am Ende des Gottesdienstes durfte nicht fehlen. Beim abschließenden Lied "Father and Son", ursprünglich von Cat Stevens, stimmten viele Gottesdienstbesucher in den Gesang von Tobias Conzelmann mit ein.

Verdient war der kräftige Beifall für alle Mitgestalter zu einer Gottesdienstform, die laut einigen Kirchengemeinderatsmitgliedern Einzug in den Jahreskalender finden könnte.