Foto: dpa

Der uruguayische Schwimmer Martin Kutscher über den deutschen Gegner im Spiel um Platz drei.

Stuttgart - Der Traum ist geplatzt - Deutschland hat das WM-Halbfinale gegen Spanien verloren und trifft nun im Spiel um den dritten Platz am Samstag (20.30 Uhr) in Port Elizabeth auf Uruguay. Die Südamerikaner hatten ihr Halbfinale gegen Holland mit 2:3 verloren. Der uruguayische Schwimmer Martin Kutscher vom VfL Sindelfingen ist dennoch stolz auf das Nationalteam und freut sich auf das Duell mit Deutschland.

Herr Kutscher, das Spiel um Platz drei wird ja gern als Spiel um die goldene Ananas bezeichnet. Empfinden das die Uruguayer auch so?

Nach der Niederlage gegen Holland war erst mal die totale Leere da. Ich habe das Spiel im hellblauen Nationaltrikot in einem Sindelfinger Biergarten mit 20 anderen Uruguayern verfolgt. Nach dem Schlusspfiff hat da keiner einen Ton rausgebracht. Aber nach dem ersten Schock muss ich sagen, dass ich verdammt stolz bin auf unser Team. Der Schmerz ist überwunden. Und jetzt wollen wir gegen die Deutschen gewinnen. Das ist verdammt wichtig.

Warum?

Wir Urus sind vielleicht das stolzeste Volk der Welt. Fast jeder meiner Landsleute läuft immer mit einer breiten Brust durchs Leben. Der Fußball ist Nationalsport Nummer eins, und wenn unser Team da ein Spiel gewinnt, wird die Brust automatisch noch breiter. Wenn wir spielen, wollen wir gewinnen, das ist in unserer Seele verankert.

Dann soll Ihr Trikot am Samstag also platzen.

Ja. Aber wissen Sie was, für uns wäre auch der WM-Titel drin gewesen.

Im Ernst?

Ja. Vor dem Halbfinale gegen Holland habe ich gedacht, dass wir 0:4 verlieren und keine Chance haben gegen eine so große Fußballnation. Und was ist passiert?

Uruguay agierte auf Augenhöhe.

Genau. Das hätte niemand gedacht. Wir hätten kurz vor Schluss noch das 3:3 machen können. Das Spiel hat gezeigt, dass wir mit den Großen mithalten können. Spanien hätte sich warm anziehen müssen - jetzt müssen die Deutschen dran glauben (lacht).

Mit den Großen auf Augenhöhe - daran hätten Sie vor dem Halbfinale nicht geglaubt.

Ja. Wenn wir ehrlich sind, dann war bis dahin sehr viel Glück im Spiel. Bei unserem Gruppengegner Frankreich hätte niemand geglaubt, dass sie so schwach spielen. Gut, unsere nächsten Gegner Südafrika und Mexiko haben wir beherrscht. Aber dann hatten wir unglaubliches Losglück im Achtel- und Viertelfinale. Gegen Südkorea und Ghana mussten wir einfach gewinnen.

"Ausnahmezustand in der Heimat"

  Früher fiel Uruguays Nationalteam durch eine überharte Gangart und üble Tretereien auf.

Das ist Gott sei Dank vorbei. Trainer Tabarez hat das den Spielern vom ersten Tag an (13. Februar 2006, d. Red.) ausgetrieben. Er hat ihnen gesagt, dass sie den Ball auch bekommen können, wenn sie ihre Gegenspieler nicht einfach nur umhauen. Jetzt spielen wir immer noch aggressiv - aber fair.

Was ist derzeit in Uruguay los?

Meine Verwandtschaft berichtet vom absoluten Ausnahmezustand. Alles ist auf den Straßen. Die Spieler sind jetzt schon Helden, und wenn wir die Deutschen schlagen, drehen alle durch - inklusive mir (lacht).