Im Zeitraum zwischen März und November 2019 war der junge Angeklagte in mindestens zwei Drogen-Geschäfte verwickelt. (Symbolfoto) Foto: Feng Yu-stock.adobe.com.jpg

Mehrere Jugendliche aus dem Raum Rosenfeld sind derzeit vor dem Amtsgericht Balingen unter Ausschluss der Öffentlichkeit angeklagt, weil sie in Geschäfte mit Marihuana verwickelt waren.

Balingen/Rosenfeld - Einer der Angeklagten war zum Tatzeitpunkt bereits volljährig – seine Verhandlung fand daher öffentlich statt. Die Anklage lautete auf vorsätzliches unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und die Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in fünf Fällen.

Die Staatsanwältin und die Richterin mussten sich in der Verhandlung durch ellenlangen Beweis-Chats wühlen: Der Angeklagte war in zwei Gruppen-Chats zugange gewesen, in denen sich die Jugendlichen unterhalten hatten, wer, wann – unter anderem Marihuana – beschafft, und wer davon kaufen möchte. In einem Fall ging es um eine Menge von 60 Gramm. Einmal hatte der Angeklagte auch mit der Abgabe von Amphetaminen zu tun. Der junge Mann hatte viele Gedächtnislücken, räumte aber auch seine Schuld bei zwei Anklagepunkten ein – der Beihilfe und des Erwerbs. Die Anklage in zwei weiteren Punkten wurde eingestellt – unter anderem war es unmöglich, an die Adresse einer weiteren Zeugin zu kommen.

Der heute knapp 21-Jährige betonte immer wieder, er sei "nur einmal der ›Fahrdienst‹ für jemanden zum Verkäufer nach Hechingen" gewesen, und habe nie selbst dort gekauft. Oft benutzte er Sätze wie "weiß ich nicht mehr", "ist zu lange her", "ich erinnere mich nicht".

Die Staatsanwältin reagierte darauf zunächst harsch: "Ihre Erinnerungslücken machen Sie nicht unbedingt glaubwürdig." Eine Vertreterin der Jugendgerichtshilfe bat daher darum, doch erstmal die Zeugen anzuhören. Dem stimmte auch die Richterin zu, aber nicht ohne zuvor noch in Richtung des jungen Mannes zu sagen: "Farbe zu bekennen, wirkt sich extrem positiv aus!"

Drei Zeugen wurden erwartet, erschienen waren allerdings nur zwei. Beide waren oder sind selbst in der Sache angeklagt.

Zeuge Nummer eins hatte ebenfalls Gedächtnislücken, war sich aber sicher, dass zwischen ihm und dem Angeklagten nie Geld geflossen sei.

Zeuge Nummer zwei sagte fast nichts aus, um sich nicht selbst zu belasten. Er beschrieb den Angeklagten lediglich als in den Chats "sehr zurückhaltend" und bestätigte die Angaben des Angeklagten: "Mich zumindest hat er nicht nach Hechingen gefahren. Ich habe die öffentlichen Verkehrsmittel benutzt, um am Schulzentrum die Person zu treffen, die ich suchte, um zu kaufen."

500 Euro an gemeinnützige Einrichtung als Strafe

Am Telefon erreichte die Richterin dann den Zeugen Nummer drei – daheim bei den Eltern. Da es dem jungen Mann schier unmöglich war, noch zügig zur Verhandlung zu kommen, wurde im Einverständnis aller Beteiligten beschlossen, auf ihn zu verzichten.

Versöhnliche Worte der Staatsanwältin gegen Schluss der Verhandlung: Der Angeklagte sei in eine Gruppensituation gerutscht, die eine Eigendynamik entwickelt habe – ein jugendtypisches Verhalten. So solle auch das Urteil nach Jugendstrafrecht fallen. Klar sei aber, dass er regelmäßig konsumiert habe. Und auch das Wissen, dass man jemandem zu einem Drogenhändler hinfahre, zeuge von krimineller Energie. Zugute kam dem jungen Mann, dass er nicht vorbestraft ist und nach dem Abitur ein Studium aufgenommen hat. Ein Drogentest würde heute negativ ausfallen, beteuerte der Angeklagte. Er trinke lediglich mal bei Partys Alkohol.

Die Verteidigung stimmte der Staatsanwältin zu: "Mein Mandant weiß, dass er Bockmist gebaut hat." Auch beim Strafmaß, 500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zu zahlen, stimmte die Verteidigung zu. Und so fiel dann das Urteil auch aus.