Gute Technik, gute Spieleröffnung: Marc Bartra (li., hier gegen Julian Schieber von Hertha BSC) ist beim BVB angekommen. Foto: AP

Für Borussia Dortmund geht es in der Champions League um den Einzug ins Viertelfinale. Mithelfen soll Innenverteidiger Marc Bartra – den Trainer Thomas Tuchel überschwänglich lobt.

Dortmund - Eine unter Fußballtrainern weit verbreitete Marotte ist die Weigerung, über einzelne Spieler zu sprechen. Es handle sich um einen Mannschaftssport, da sei es unvorteilhaft, besonders gute oder auffallend fehlerhafte Fußballer aus dem Kollektiv hervorzuheben, lautet die oft wiederholte Begründung, die immer auch ein wenig nach Ausrede klingt. Aber es gibt Ausnahmen – von Thomas Tuchel sind solche Floskeln beispielsweise nie zu hören. Sofern es nicht gerade um den ruhebedürftigen Mario Götze geht, spricht der Trainer von Borussia Dortmund gerne und ausführlich über seine Spieler. Manchmal kritisch, am liebsten jedoch in Form von ausgiebigen Schwärmereien.

Das ist vor dem bedeutsamen Champions-League-Spiel des BVB an diesem Mittwochabend gegen Benfica Lissabon (20.45 Uhr/ZDF) mal wieder wunderbar zu beobachten. Und der mit dem leidenschaftlichsten Lob überschüttete Dortmunder Fußballer ist ein Mann, der gerade tatsächlich prachtvoll aufblüht: Marc Bartra. Seit dem Tag, als der spanische Verteidiger im vergangenen Sommer vom FC Barcelona ins Ruhrgebiet umgezogen ist, habe er ihn „immer gerne in der Mannschaft und immer gerne am Trainingsgelände“ gehabt, sagt Tuchel. „Er hat ein Feuer in sich, das einfach guttut, ist immer hellwach und immer bereit, alles zu geben.“

Batra wechselte im Sommer vom FC Barcelona zum BVB

Ein gewisser Hang zum Übermut und der Anpassungsprozess an die fremde Umgebung hätten zwar Zeit gekostet, doch nun sei der als neuer Abwehrchef vorgesehene Star endgültig in seiner neuen Rolle „angekommen“, glaubt der Trainer. Die Unbeständigkeit in der Defensive zählt ja zu den Hauptursachen für Dortmunds Probleme in der Hinrunde, auch Bartra trug mit seinen Fehlern dazu bei. Zuletzt glänzte er aber als zuverlässiger Stabilisator. Und auch seine Worte haben immer mehr Gewicht.

Der 26-Jährige soll mit seiner Erfahrung von zwei Champions-League-Siegen, diversen Meisterschaften und anderen Titeln mit dem FC Barcelona zu einer prägenden Figur für das vor dieser Saison grundrenovierte Team werden. Beim FC Barcelona saß Bartra in den ganz großen Partien zwar meist nur auf der Bank, aber natürlich hat er tiefe Einblicke in das Erfolgsgeheimnis des Weltclubs aus Katalonien genommen. Keiner weiß besser, wie die Champions League funktioniert, auch nicht der auf internationaler Bühne noch sehr unerfahrene Trainer Tuchel.

Im schwierigen Achtelfinal-Rückspiel gegen Lissabon gehe es trotz der 0:1-Niederlage im Hinspiel darum, „ruhig und geduldig zu bleiben“, sagt Batra, „es werden lange 90 Minuten“. Den jugendlichen Übermut einiger Spieler hält er in diesem Spiel für eine Gefahr. Und inzwischen scheint Bartra auch den BVB und die Bundesliga verstanden zu haben. Regelmäßig hat er während der Dortmunder Spiele die meisten Ballkontakte, das Fachblatt „Kicker“ bezeichnete ihn jüngst als „Fixpunkt im Dortmunder Spielaufbau“. Als Spieleröffner wächst er immer besser in die Lücke hinein, die der zum FC Bayern gewechselte Kapitän Mats Hummels hinterlassen hat.

Der Spanier ist ein Fixpunkt im Dortmunder Spielaufbau

„Am Anfang war es nicht einfach mit den vielen Veränderungen, aber jetzt habe ich das Gefühl, angekommen zu sein“, sagt der Spanier. Und diese Entwicklung zeigt sich auch in den Statistiken. In seinen ersten 20 Bundesliga-Spielen kam er nur elfmal zum Einsatz, siebenmal saß er 90 Minuten auf der Bank – doch seit dem 21. Spieltag hat er immer durchgespielt. Der BVB gewann dreimal und schoss 12:2 Tore. Lange sei es Bartra schwergefallen, „einfache Lösungen zu finden“, sagt Tuchel. „Er würde am liebsten zwei Gegner umspielen und den Ball dann noch in die Spitze passen“, was höchst gefährlich ist gegen all die Pressing- und Umschaltmannschaften aus der Bundesliga.

Aber Bartra hat dazugelernt. Er ist ein sehr intelligenter Spieler, sein Zwillingsbruder, der ebenfalls zum Fußballer ausgebildet wurde, arbeitet mittlerweile als Trainer. Beim BVB zählt der Mangel an reflektierten Analytikern im Kader ja zu den Gründen für die Wankelmütigkeit im Bundesliga-Alltag. Der spanische Innenverteidiger ist dabei, dieses Problem zu lösen. Aber nicht nur deshalb ist er enger mit Thomas Tuchel verbunden als viele andere Spieler im Dortmunder Kader. Beide sind stark geprägt von den Ideen, die beim FC Barcelona entwickelt und von dort hinaus in die Fußballwelt exportiert wurden.

Tuchels Arbeitsweise habe „eine große Ähnlichkeit zu den Dingen, die wir beim FC Barcelona im Training gemacht haben“, sagt der Verteidiger, der von seinem elften Lebensjahr an 14 Jahre in verschiedenen (Jugend-)Teams der Katalanen spielte. Er wisse zwar nicht, ob Tuchel tatsächlich irgendwann zu den Kandidaten auf den Trainerposten in Katalonien zählen werde, „aber er hat das passende Profil für den FC Barcelona“, findet Bartra. Auch das öffentliche Schwärmen hat der Spanier also mittlerweile gelernt.