Die Malteser fordern verpflichtenden Wiederbelebungs-Unterricht ab der siebten Klasse. Foto: Martin Klindworth / Malteser

Eine Petition des Deutschen Rates für Wiederbelebung und der Notärztin und Bloggerin Carola Holzner fordert die Bundesregierung und die Kultusministerien der Länder auf, einen verpflichtenden Reanimations-Unterricht an weiterführenden Schulen einzuführen. Die Malteser im Bezirk Neckar-Alb unterstützen den Aufruf.

Zollernalbkreis/Esslingen - Mehr als 54.000 Menschen haben die Initiative auf der Internetseite openpetition.de bereits mit ihrer digitalen Unterschrift unterstützt. Konkret fordern der Deutsche Rat für Wiederbelebung und die Notärztin Carola Holzner die verpflichtende Einführung eines Unterrichts zur Herzdruckmassage im Rahmen der Herz-Lungen-Wiederbelegung von jeweils zwei Schulstunden pro Jahr ab dem siebten Schuljahr bis zum Ende der Schulzeit. Damit könnten langfristig viele Laien erreicht werden, die im Ernstfall die lebensrettenden Reanimationsmaßnahmen der Ersten Hilfe besser beherrschen würden. Läge der Erste-Hilfe-Kurs bei den meisten Bürgern schon länger zurück, sei die Unsicherheit oft groß.

Weshalb sind erste Reanimationsmaßnahmen aber so wichtig? "Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zählt jede Minute. Allein drei Minuten ohne Sauerstoff können das Gehirn irreparabel schädigen. Fünf Minuten ganz ohne Sauerstoff und das Gehirn ist in nahezu allen Fällen tot. Bis in Deutschland jedoch der Rettungsdienst eintrifft, dauert es durchschnittlich neun Minuten", heißt es in der Erläuterung der Petition.

Dies bestätigt auch Jochen Herkommer, verantwortlicher Arzt bei den Maltesern in den Landkreisen Esslingen, Reutlingen und im Zollernalbkreis: "Die ersten Minuten sind für die Überlebenschancen bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand entscheidend", wird der Mediziner in einer Mitteilung seiner Organisation zitiert. "Das schnelle Einleiten der Herzdruckmassage ist immens wichtig", so Herkommer. Denn nur wenn der Blutkreislauf durch die regelmäßige Kompression des Brustkorbs wieder in Schwung kommt, können die Körperzellen mit dem im Blutkreislauf verbliebenen Sauerstoff versorgt werden. Daher sei eine Herzdruckmassage auch dann absolut notwendig, wenn sich der Ersthelfer etwa eine Beatmung des Patienten nicht zutraut. Der Sauerstoffgehalt im Blut reicht in den ersten Minuten aus – wenn der Blutkreislauf eine Verteilung im Körper ermöglicht.

"Eine Herzdruckmassage kann wirklich jeder lernen – das sind sehr einfache Maßnahmen“, bestätigt der Arzt. In der siebten Klasse sei ein guter Zeitpunkt, um mit dem Vermitteln der Reanimationsmaßnahmen zu beginnen. Wichtig sei dabei auch die jährliche Wiederholung im Rahmen des Unterrichtes, um das Wissen rund um die Wiederbelebung zu verinnerlichen. "So lernen die Schüler, was im Ernstfall passiert, denken auch an die Alarmierung der Rettungskette und können sich eine Strategie zurechtlegen, wie sie im Notfall vorgehen können."

Nur 40 Prozent der Ersthelfer reanimieren

Der Herz-Kreislauf-Stillstand ist laut Angaben der Malteser die dritthäufigste Todesursache in Deutschland – rund 70.000 Menschen sind jährlich betroffen. Nach Angaben des Deutschen Rates für Wiederbelebung könnten pro Jahr 10.000 Menschen mehr gerettet werden, wenn die Herz-Lungen-Wiederbelebung häufiger bereits von Ersthelfern durchgeführt werden würde. "Da der Herz-Kreislauf-Stillstand häufig im häuslichen Umfeld geschieht, überleben aktuell nur zehn Prozent der Betroffenen, weil das Wissen um die einfachen Handgriffe und das richtige Handeln bei Angehörigen meist fehlt", heißt es hierzu in der Petition. "Nur in 40 Prozent der Fälle helfen medizinische Laien vor Ort und führen vor dem Eintreffen des Notarztes oder der Notärztin eine Herzdruckmassage durch.

In anderen europäischen Staaten hat sich die Überlebensquote der Patienten nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand durch die Einführung eines verbindlichen Reanimationstrainings an Schulen signifikant erhöht. Daher empfiehlt auch die Weltgesundheitsorganisation eine Vermittlung der Wiederbelebung an Schulen ab der siebten Klasse. 

Info: Die Petition

Die Petition ist über das Online-Portal openpetition.de und die Webseite www.ichrettedeinleben.de auffindbar. Sie richtet sich an den Petitionsausschuss des deutschen Bundestages. Um das Ziel zu erreichen sind bis zum 31. Januar 2022 mindestens 100.000 digitale Unterschriften nötig. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Textes haben bereits 54.273 Menschen unterschrieben.