Menschen in Deutschland haben seit 2018 die Möglichkeit, bei ihrem Geschlecht neben „männlich“ und „weiblich“ auch die Option „divers“ anzugeben, die sogenannte „Dritte Option“. Foto: Jan Woitas/zb/dpa

Die Berliner Polizei hat Tatverdächtige vor Kurzem in einer Fahndung als „männlich gelesen“ beschrieben. Eine aufgeregte Debatte um geschlechtergerechte Sprache folgte. Wie gehen Polizeipräsidien in der Region mit dem Thema um?

In einem öffentlichen Zeugenaufruf suchte die Berliner Polizei Mitte Februar nach drei Straftätern. In der Personenbeschreibung der Tatverdächtigen fand sich neben „dunklen Haaren“ und „normaler Statur“ eine seltsame Formulierung: „männlich gelesen“. Mehrere Medien griffen das Thema auf. Es entbrannte eine rege Debatte um Political Correctness. Laut bild.de erklärte die Berliner Polizei ihre Formulierung als „sensiblen Sprachgebrauch“, der „gesellschaftlichen Erwartungen“ entspreche und zu einer „hohen Akzeptanz“ in der „queeren Community“ beitrage.

Sucht die Polizei in der Region künftig also auch nach „männlich oder weiblich gelesenen“ Tatverdächtigen? Nein. „Tatverdächtige Personen werden für Fahndungen und /oder Zeugenaufrufe auf Grundlage äußerer Merkmale beziehungsweise dem jeweiligen Erscheinungsbild beschrieben“, erklärt etwa Lutz Jaksche. Soll bedeuten: In den Personenbeschreibungen wird lediglich „männlich“ oder „weiblich“, „Mann“ oder „Frau“ geschrieben.

Orientierung an „gängigen Begrifflichkeiten“

Der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Reutlingen erklärt, dass dies die spätere Identifizierung ermögliche. Und weiter: „Personenbeschreibungen beruhen auf den uns zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vorliegenden Anhaltspunkten. Haben Zeugen beispielsweise dem Augenschein nach einen Mann beobachtet, fahnden wir nach einem Mann.“

So handhabt es auch das Polizeipräsidium Pforzheim. „Wir orientieren uns dabei an den gängigen Begrifflichkeiten“, erklärt Pressesprecher Frank Weber.

Aber was, wenn kein Geschlecht wahrgenommen wurde oder die Täter gänzlich unbeobachtet blieben - was steht dann in einer Polizeimeldung? Dazu gibt Johannes Saiger vom Polizeipräsidium Freiburg Auskunft: „Hinsichtlich der Gestaltung der Pressemitteilungen nennen wir aus Gründen der besseren Lesbarkeit bei unbekannten Personen entweder die neutrale Form der Person oder die männliche Form des Täters/Tatverdächtigen.“

Und was ist mit diversen Menschen?

Auf Verwaltungsebene hat die baden-württembergische Polizei indes eine einheitliche „Gender Mainstreaming“-Strategie. Sowohl in polizeiinternen Schreiben – wie etwa Dienstanweisungen - als auch im externen Schriftverkehr soll „grundsätzlich auf eine sprachliche Gleichbehandlung der Geschlechter“ geachtet werden. „Im Allgemeinen werden hierbei, soweit möglich, geschlechtsneutrale Formulierungen (zum Beispiel Revierleitungen) beziehungsweise die sogenannte Paarformel/Doppelnennung (etwa Bürgerinnen und Bürger) verwendet“, heißt es von Seiten mehrerer Polizeipräsidien. Ziel dabei soll sein, Chancengleichheit von Frauen und Männern zu erreichen.

Und wie sieht es mit Chancengleichheit für Menschen aus, die intergeschlechtlich, transgeschlechtlich oder nicht-binär sind? Hierzu heißt es von Seiten der Pressesprecher: Für das „dritte Geschlecht haben sich bislang weder eindeutige Bezeichnungen noch adäquate Pronomen, Anrede- oder Flexionsformen herausgebildet, so dass diesbezüglich noch keine Empfehlungen für einen entsprechenden Sprachgebrauch bei der Polizei erfolgen konnten“.

Gleichwohl werde etwa bei Stellenausschreibungen nach „w/m/d“ (weiblich, männlich, divers) gesucht - beziehungsweise bei neueren Formularen/Anträgen bereits „divers“ als Geschlechtsangabe eingeführt.