Wie in Bremen schon im Jahr 2011, so dürfen Jugendliche nun auch bei uns ab 16 Jahren Gemeinderäte und Bürgermeister wählen oder bei Bürgerentscheiden abstimmen. Foto: Nietfeld

Jugendliche dürfen schon ab 16 Jahren wählen. Wie schaffen es ihre Anliegen bis in den Stadtrat?

Rottweil - Das ist ja schon ein Ding: Die Landesregierung will zulassen, dass Jugendliche schon mit 16 Jahren ihre Stimme in die Wahlurne geben dürfen, wenn es darum geht, Gemeinderäte oder den Bürgermeister zu wählen oder gar an einem Bürgerentscheid teilzunehmen.

Da stellt sich auch in unserer Stadt Rottweil die Frage, wie Anliegen Jugendlicher in den Gemeinderat kommen. Denn sich selbst in dieses Entscheidungsgremium wählen lassen, dürfen sich Jugendliche erst ab 18 Jahren. Genau deshalb beschäftigen sich einige engagierte Menschen im Umkreis der ErneuerBar jetzt schon mit dem Thema "Wählen ab 16" und politische Mitbestimmung Jugendlicher in Rottweil. Ende Oktober trafen sich dort Vertreter aus dem Seniorenrat, interessierte Jugendliche, SMV-Mitglieder und Leute vom Jugendtreff, um zumindest schon mal erste Jugendthemen zu sammeln.

Auf Servietten durfte jeder am Tisch notieren, was er wichtig findet. An oberster Stelle war da schnell zu lesen: "Ein Jugendparlament gründen." Doch das ist leichter gesagt, als getan. Denn fast jeder kennt das Problem: Schule und Ausbildung nehmen einen ganz schön in Anspruch. Wie will man sich da noch nebenher politisch engagieren?

Besonders Schüler am achtjährigen Gymnasium, aber auch Azubis sind eben voll eingespannt. Darüber hat sich auch ein älterer Mann an jenem Abend in der ErneuerBar Gedanken gemacht. Bernhard Kraus ist Vorsitzender des Seniorenrats in Rottweil.

Ist ein Jugendparlament für Rottweil die richtige Lösung?

Warum interessiert ausgerechnet er sich für Jugendanliegen? Weil er Zeit hat und Erfahrung, sich für die Interessen einer Gruppe, zum Beispiel älterer Menschen, in Rottweil stark zu machen. Da dachte er sich, er kann bestimmt auch den Jugendlichen helfen, und nahm ebenfalls am Treffen in der ErneuerBar teil. Seine Idee: "Wir könnten erst einmal ein Jugendforum gründen, das Themen sammelt." An so einem Forum können alle Jugendlichen in Rottweil, die wollen, mitarbeiten. Wenn sie wegen des Studiums weg müssen oder wenig Zeit haben, weil sie eine Ausbildung beginnen, können andere übernehmen. Jeder kann grundsätzlich seine Themen dort hin bringen. Ein junger Erwachsener könnte sozusagen als "Stand-By" immer da sein, damit das Forum weiter funktioniert.

Wie man die Jugendthemen in den Gemeinderat bringt, das weiß Kraus indessen auch noch nicht. Fest steht nur, dass alle, die an diesem Abend da waren, sich stark machen werden dafür, dass die Jugendlichen ab 16 Jahren mehr tun können in Rottweil, als nur an die Wahlurne zu gehen. Maike Soballa, Abiturientin, die den Jugendtreff des Jugendring Rottweils am Kriegsdamm leitet, bevorzugt die Idee eines gewählten Jugendparlaments: "An diesem Abend kam raus, dass viele Jugendliche gar nicht wissen, dass man so ein Jugendparlament gründen kann und was das überhaupt ist", stellte sie bestürzt fest.

Dabei kamen auf den Servietten an diesem Abend schon jede Menge Themen zusammen, die es Wert wären, im Stadtrat diskutiert zu werden: Auswärtige Jugendliche wollen abends und an Wochenenden bessere Busanbindungen, andere wünschen sich ein Jugendcafé in Rottweil, in das man jederzeit gehen kann, und auch ausgewiesene Skaterplätze fehlen in der Stadt. Es gäbe also viel zu tun. Und wer packt’s an?