Michael Schwörer und Annette Dresel stellen im Schauspiel Ruadger und seine Frau dar. Foto: Schwarzwälder Bote

Historisches: Am Mittwoch Auftakt zur 1200-Jahr-Feier / "Carta levata" blickt zurück in die Geschichte

Vor 1200 Jahren, am 16. Januar 819, vermachte Gutsbesitzer Ruadger aus Rötenbach seinen Besitz der Kirche St. Martin in Löffingen. Dieses historische Datum wird nun mit dem Schauspiel "Carta levata" als Auftaktveranstaltung des Festjahrs 1200 Jahre Löffingen am Mittwoch, 16. Januar, gefeiert.

Löffingen/Rötenbach. Beginn der Aufführung ist um 19 Uhr in der katholischen Pfarrkirche in Löffingen.

Urkunde: Sowohl Historiker Matthias Wider als auch die Autorin des Schauspiels, Birgit Hermann, haben sich auf die Suche nach der Urkunde gemacht. Auf einem Rindslederpergament, etwa 22 Zentimeter hoch und 14 Zentimeter breit, wurde die Urkundenlegung (Übergabe) wahrscheinlich mit Dornentinte von Hiltger, einem Mann, der des Schreibens, Lesens und Lateins mächtig war, festgehalten. Dieses Zeitzeugnis kam 400 Jahre später in den Besitz des Klosters St. Gallen und ist heute dort im Stiftsarchiv zu finden. Dessen Leiter, Peter Erhart, wird im Anschluss an das Schauspiel einen Vortrag halten. Mit ihm stand Birgit Hermann in Kontakt, um das Schauspiel dieser Urkundenlegung zu schreiben und diesen historischen Augenblick beider Gemeinden mit den Bühnenfreunden St. Johannes aus Friedenweiler in Szene zu setzen.

Bedeutung der Urkunde: In dieser Urkunde, so Birgit Hermann, vermacht Ruadger (ein Freier, kein Leibeigener) seine Besitzungen in Rötenbach der Kirche St. Martin in Löffingen. Matthias Wider ergänzt, dass hierzu alle beweglichen und unbeweglichen Güter gehörten, also auch Vieh, Häuser und Menschen. Allerdings stellte Ruadger die Bedingung, das seine Söhne diese Güter für einen geringen Betrag zurückkaufen können. "Der Gutsherr suchte damit Schutz bei der Kirche vor Forderungen durch weltliche Herren oder Enteignungen", so die Autorin.

Matthias Wider sieht in dieser Übereignung einen Schutz vor Wertverlust, etwa durch Misswirtschaft und Missernten. Die Kirche Sankt Martin habe sich verpflichtet, die ihr übertragenen Güter, so wie übergeben, an die Söhne zurückzugeben. Somit gehe das durchaus hohe unternehmerische Risiko der Landwirtschaft an die Kirche über.

Kirche St. Martin: "Die Kirche des Dorfes Löffingen, St. Martin, war eine sogenannte Eigenkirche", erklärt Wider. Sie war im Privatbesitz eines Löffinger Hofbesitzers, der für den Bau, die Ausstattung und den Priester verantwortlich war. Die Kirche war somit ein Wirtschaftsbetrieb und auf Zugewinn angewiesen. St. Martin durfte sogar den Mehrwert einbehalten, was nicht immer der Fall war. Somit waren solche Überschreibungen ein Geschäft, von dem beide Seiten profitierten.

Zeremonie: Eine solche Urkundenlegung war mit einer Zeremonie verbunden, damit auch das Volk, welches weder lesen noch schreiben konnte, Bescheid wusste. Autorin Birgit Hermann vermutet, dass die Zeremonie mit einer symbolischen Handlung im Freien vollzogen und nach dem Gottesdienst in der Kirche dokumentiert wurde.

Matthias Wider denkt eher, dass sich die Gemeinde, der Schreiber, die Vertragspartner und 14 Zeugen in der Kirche trafen. Der Vorgang wurde während der Liturgie vorgenommen, die hierfür unterbrochen wurde, dies könnte auch die unterschiedlichen Schreibstile der Urkunde erklären.

Mit einem Schauspiel aus der Feder von Birgit Hermann wird der historische Akt der Urkundenlegung am 16. Januar gefeiert. Die Bühnenfreunde St. Johann mit Regisseur und Ruadger-Darsteller Michael Schwörer, seine Frau Annette Dresel aus Göschweiler und Thomas Spitzner als Bruder, sowie 14 Zeugen aus Göschweiler und Rötenbach, werden die erste Erwähnung Löffingens und Rötenbachs in Szene setzen. Der Domchor St. Blasien wird das Schauspiel gesanglich begleiten. Im Anschluss wird der Leiter des Stiftsarchivs St. Gallen referieren.