Mit diesem Auto fuhr Raimund Faller in seinem Heimatort Unadingen vor. 1944 wurde er in Berlin hingerichtet, weil er Feindsender gehört hatte. Foto: privat Foto: Schwarzwälder Bote

Schicksal: Harald Ketterer auf Spuren von Raimund Faller / 1944 in Berlin hingerichtet

Vor 75 Jahren wurde der Unadinger Raimund Faller durch das Fallbeil hingerichtet. Sein Vergehen: Er hatte Feindsender gehört, was als Widerstand gegen das Nazi-Regime galt. Harald Ketterer hat sich auf Spurensuche begeben. Am Sonntag, 24. März, 15 Uhr, wird er im "Hirschen" darüber berichten.

Löffingen-Unadingen. "Für mich gab es gleich drei Gründe, mich auf die Spuren von Raimund Faller zu machen", informiert der Bachheimer Heimatforscher Ketterer. Zum einen bestehe großmütterlicherseits ein verwandtschaftliches Verhältnis, zum anderen habe Raimund Faller auch eine interessante Lebensgeschichte. Im Internet hat Ketterer recherchiert, um dann in Berlin im Bundesarchiv einen Einblick in die Unterlagen von Raimund Faller zu bekommen. "Ich wollte wissen, weshalb Faller am 27. März 1944 hingerichtet wurde", so Ketterer. Zwei Tage kämpfte er sich in Berlin durch Akten, beauftragte dann eine Firma für Kopien, um einen fundierten Überblick über den Unadinger zu haben.

Das Elternhaus in der Gauchachstraße von Raimund Faller ist das heutige Elternhaus von Emil Marx. Nach der Schule arbeitete der 1876 Geborene in der elterlichen Landwirtschaft, einen Beruf hatte er wohl keinen. Er leistete den aktiven Wehrdienst von 1896 bis 1899 in Karlsruhe. Danach zog er nach Freiburg, war in München, in der Schweiz, in Innsbruck und Wien und kam 1904 nach Berlin. Dort heiratete Faller 1908 Ida Unruh, die Ehe blieb kinderlos. 1923 trat er in Berlin der KPD bei, trat 1927 aber wieder aus. Diese Gesinnung kam in Unadingen – hierher kehrte er regelmäßig auch zur Heuernte zurück – nicht gut an, zumal Schwager Emil Marx der Unadinger Bürgermeister war.

1936 kam Raimund Faller erstmals mit dem Staat in Konflikt. Er war eine von sieben Personen, die bei der Verhaftung des Schriftstellers Siegfried Lonngerstädten auftauchten, der illegale Schriften gegen Hitler verteilte. Am 15. Oktober 1936 verurteilte das Kammergericht Berlin den "Kraftwagenführer" Raimund Faller zu zwei Jahren Zuchthaus, die er in Berlin Brandburg absaß.

1943 kündigte Faller seinen Job in Berlin, um wieder nach Unadingen zu fahren und dort bei der Ernte mitzuhelfen. Auf der Zugfahrt wollte er in Karlsruhe einen Stopp bei seinem alten Kameraden machen, den er bei seiner aktiven Wehrzeit 1896 kennengelernt hatte. Warum er nach so langer Zeit diesen Schuhmachermeister Manfred Schlecht aufsuchte, ist nicht bekannt, doch der Besuch war sein Todesurteil. Raimund Faller erzählte seinem vermeintlichen Freund, dass er Feindsender wie Beromünster (Schweiz), London oder Moskau höre. Dies veranlasste Schlecht, den Unadinger bei der Gestapo anzuzeigen. Dass das Hören dieser Sender verboten war, war jedem bekannt, denn an jedem Radio prangte ein entsprechender Aufkleber "das Hören eines Feindsenders wird mit Zuchthausstrafen geahndet".

Gestapo bringt ihn zum Verhör ins Gefängnis nach Donaueschingen

Da sich das Gesetz verschärfte, wurde das Hören sogar mit dem Tod bestraft. In Unadingen wurde Raimund Faller von der Gestapo aus Singen am 10. August 1943 verhaftet und nach Donaueschingen ins Gefängnis zum Verhör gebracht, hier legte er ein Geständnis ab. Mit dem Sammeltransport kam er nach Berlin ins Gefängnis Plötzensee.

Am 18. Februar 1944 war es der gefürchtete Richter Roland Freisler (2600 Todesurteile verhängte er, auch die der Widerstandsgruppe Weiße Rose), der am Volksgerichtshof nach nur einer Stunde die Todesstrafe verhängte. Zwar hatte Faller noch die Möglichkeit ein Gnadengesuch an Hitler zu schreiben, ob dies überhaupt weggeschickt wurde, ist fraglich. Auch Ehefrau Ida, die zwar angeklagt war, aber freigesprochen wurde, schickte ein Gnadengesuch. Doch auch das war vergeblich. Am 27. März 1944 wurde Raimund Faller um 13 Uhr eröffnet, dass er um 15 Uhr mit dem Fallbeil hingerichtet würde. Scharfrichter Wilhelm Röttger führte das Urteil aus. "Um 15.12 Uhr fiel das Fallbeil und enthauptete den Unadinger Raimund Faller", erläutert Ketterer.

Harald Ketterer wird am Sonntag, 24. März, um 15 Uhr im "Hirschen" in Unadingen über das Leben und den Tod des Unadingers Raimund Faller berichten. Der Heimatforscher wird auch auf die Rolle des Scharfrichters eingehen. Wilhelm Röttger hat rund 3000 Hinrichtungen mit seinen Gehilfen durchgeführt und wurde dabei ein reicher Mann. Nach der Hinrichtung musste Raimund Fallers Ehefrau Ida noch 350 Reichsmark bezahlen.