Zu schade für die Altkleidersammlung, aber dennoch dort gelandet: die Doc Martens unserer Autorin. Aus diesem Grund handelt es sich bei dem Foto hier um ein Symbolbild. Foto: MALLI/ photocase.com

Es gibt Klamotten, die sind zu schade für die Altkleidersammlung, weil sie einen Wert haben, den nur der Besitzer selbst versteht. Bei unserer Autorin waren es ihre ersten Doc Martens.

Es gibt Klamotten, die sind zu schade für die Altkleidersammlung. Manche Teile haben einen Wert, den nur der Besitzer selbst versteht. Bei mir zum Beispiel waren es meine ersten Doc Martens. Als ich die gekauft habe, war ich vierzehn Jahre alt und dabei, die Welt zu entdecken. Es war die Zeit, in der man merkt, dass der Kerl in der Parallelklasse mehr ist als ein fußballbegeisterter Idiot und dass die Samstagabende aus mehr bestehen als aus "Wetten, dass..?"-Gucken mit den Eltern.

Mein Gott, was habe ich mit diesen Schuhen alles erlebt! Ich bin darin mit meinen Mädels im Regen durch den Schlamm gewatet, weil wir unbedingt auf dieses Dorffest zwei Käffer weiter wollten - bei Mistwetter. Ich hatte sie an, als ich zum ersten Mal die Schule geschwänzt habe. Ich trug diese Schuhe, als ich meinen ersten Kuss bekam, schwankte darin nach zu viel Sangria von der Tankstelle (an der es früher 1. nach 22 Uhr noch Alkohol gab und 2. dieser problemlos auch von unter 16-Jährigen gekauft werden konnte) und drückte damit meine erste Kippe aus. Ich lernte mit ihnen das Rollerfahren (ja, ich nannte eine alte Vespa mein Eigen!), trat nervig baggernden Typen gegen das Schienbein und schummelte mich auf Partys rein. Ich war stolz auf jeden Kratzer, den diese Treter bekamen, glaubte ich doch, sie würden meine Lebenserfahrung widerspiegeln. Diese Schuhe wollte ich eines Tages meinen Kindern präsentieren, um ihnen damit zu beweisen, dass ich auch mal cool war.

Doch daraus wird nichts: Als ich neulich nach meinen Liebhaberstücken suchte, teilte mir meine Mutter mit, dass sie die Stiefel im Sammeleimer an die Straße gestellt hätte. Ihr Argument: "Das waren doch bloß zwei alte Schuhe." Nein, waren sie nicht! Diese Docs haben mich beim Erwachsenwerden begleitet! Wenn sie schon ausgedient haben, hätte es sich zumindest gehört, sie würdig zu entsorgen! Dürfen nicht zum Beispiel Kleinkinder ihre Schnuller vergraben? Auch meine Schuhe hätten eine letzte Streicheleinheit verdient gehabt. So aber blieb mir nur, sie symbolisch zu verabschieden: Ich stellte mich in den Regen und würgte ein paar Schlucke billigen Sangria hinunter.

Mag sein, dass wir verklärt auf unsere Vergangenheit blicken. Gelohnt hat sie sich aber allemal.