Manfred Lucha (Zweiter von links) sah sich gutgelaunt im Bürgerpark um. Die Gruppe bestand aus (von links) Olesja Rudi, Lucha, OB Wolfgang G. Müller, Thi Dai Trang Nguyen, Olga Held, Hilda Beck und Alexander Marker. Foto: Breuer

Sozialminister Manfred Lucha informiert sich. "Wer sich kennt, prügelt sich nicht"

Lahr - Um die Integration von Migranten ist es bei einem Besuch von Manfred Lucha am Dienstag Lahr gegangen. Der Sozialminister sprach mit Bürgern, die Menschen mit ausländischen Wurzeln begleiten.

"Lahr ist eine Fokuskommune, in der die Integration sehr gut funktioniert", lobte Lucha die Stadt in einem Pressegespräch. Der Runde war eine Stunde "intensiven Austauschs" mit Bürgern vorangegangen, die sich um die Integration verdient gemacht haben. Allen voraus Hilda Beck von der städtischen Sozialberatung, die auch in den Integrationsbeirat des Landes berufen worden ist, Streetworker Alexander Marker von der Gemeinwesenarbeit Lahr West, Olesja Rudi und Olga Held von der Landsmannschaft sowie Trang Nguyen, Sprecherin des Interkulturellen Beirats.

Ziel müsse es sein, die Zuwanderer dazu zu bringen, sich in die Gemeinschaft einzubringen, sich ehrenamtlich in Vereinen zu engagieren. Niemand dürfe ausgegrenzt oder gar ausgebremst werden. Deshalb, so Lucha, müsse man denen, die in der Gesellschaft angekommen sind, gut zuhören.

Das Land sehe sich als verlässlichen Partner des Ehrenamts und fördere mehrere Projekte und Programme. Doch die Arbeit auf Heller und Pfennig nütze nichts, wenn sie nicht von engagierten Ehrenamtlichen wie Hilda Beck beseelt würde. Lucha (Grüne) ist seit Mai 2016 ist er Landesminister für Soziales und Integration.

Die Finanzen sind das Schmiermittel, fasste OB Wolfgang G. Müller zusammen und bestätigte die Einschätzung Luchas, dass alles Geld nichts nütze ohne den Einsatz der Bürger. "Seit gut 25 Jahren hält der Gemeinderat hier durch. Das ist das Verdienst mehrerer Generationen", lobte der Stadtchef die Gemeinderäte. Doch "ohne Zugochse geht es nicht", bezog Lucha den OB mit ein.

Senja Töpfer, Leiterin des Amts für Soziales, Schulen und Sport, hob die Arbeit in den Quartieren hervor. "Lahr hat mir etwas gegeben, da möchte ich etwas zurückgeben", sagte Trang Nguyen, die sich seit 2006 ehrenamtlich engagiert und sich auch als Lahrerin fühlt. Olesja Rudi macht sich für die Chancengleichheit stark. "Ausgrenzen ist keine Integration. Integration braucht Kommunikation", stellte sie klar. Aber das müsse auch immer von beiden Seiten kommen. Alle Willkommenskultur nutze nichts, wenn sie nicht von beiden Seiten gelebt werde.

"Lahr hat eine große Erfahrung mit der Integration von zugezogenen Menschen", sagte Hilda Beck. "Und es funktioniert sehr gut." Sie wünsche sich, dass dies auch so bleibe. Alexander Marker plädierte dafür, schon Kindern und Jugendlichen rechtzeitig zu zeigen, an welche Regeln sie sich halten müssten. "Es wäre gut, wenn man Migranten gleich von Anfang an eine Person zur Seite stellt, die ihnen hilft, sich zurechtzufinden", so der Streetworker. Außerdem seien Veranstaltungen gut, bei denen sich Menschen der unterschiedlichsten Nationen kennenlernen. "Wenn man sich kennt, prügelt man sich nicht", lautete sein Fazit. Bei seinem Rundgang über die Landesgartenschau besuchte Lucha auch den interkulturellen Garten, in dem Bürger aus mehreren Nationen gemeinsam einen Garten betreiben.

Info: Anteil der ausländischen Bevölkerung bei 8,6 Prozent

800 000 Euro investiert die Stadt Lahr jährlich in die Integrationsarbeit. Dazu kommen Mittel des Landes, sodass am Ende mehr als eine Million Euro für diese Aufgabe zur Verfügung stehen. Integration hat in Lahr eine lange Tradition. Schon immer lebten "Fremde" in der Stadt. Lahr war 100 Jahre lang Garnisonsstadt, die zunächst Angehörige der französischen, später der kanadischen Streitkräfte beheimatete. Nach dem Abzug der Kanadier besiedelten russlanddeutsche Aussiedler die ehemals kanadischen Siedlungen im Lahrer Westen. In jüngster Vergangenheit haben sich dann noch Flüchtlinge zu den aus mehr als 100 Nationen stammenden Lahrer Bürgern hinzugesellt. Der Anteil der Russlanddeutschen beträgt laut Internetseite der Stadt mehr als 20 Prozent der Bevölkerung. Der Anteil der ausländischen Bevölkerung betrage 8,6 Prozent. Bei Kindern und Jugendlichen liegt der Migrantenanteil laut Stadt bei insgesamt 37 Prozent.