Die Akteure der New Yorker "Broadway Musical Company" lieferten bei der Aufführung des Musicals "Hair" eine bunte Show ab. Foto: Künstle

Die Aufführung von "Hair" zieht viele Zuschauer an. Botschaft des Original-Stoffs rückt in den Hintergrund. Wild, bunt und reichlich überdreht

Lahr - Die Landesgartenschau hat sich am Freitagabend mit dem Kult-Musical "Hair" geschmückt. Das in Scharen angelockte Publikum erlebte eine klischeehafte, reichlich überdrehte Inszenierung.

Die Blumenkinder der späten 1960er-Jahre haben die große Bühne der Landesgartenschau gestürmt und mit einem wilden Tohuwabohu mächtig für Stimmung gesorgt. Wirklich überzeugen konnte das von "Frank Serr Showservice International" inszenierte Spektakel letztendlich aber nicht. Das Unternehmen aus der Westpfalz produziert Musikshows und Musicals am Fließband, setzt auf gängige, oft reichlich überdrehte Unterhaltungskost. Das überwiegend mit jungen Akteuren der New Yorker "Broadway Musical Company" besetzte Kult-Musical "Hair" macht da keine Ausnahme.

Wichtig war das Spiel mit dem klischeehaften Flair des Stoffes, das Tempo der Inszenierung. "Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll" lautete das Motto, der überdrehten, oft lärmenden Aufführung mit Liveband und rund 20 Darstellern. Es wurde gelacht, getanzt und gesungen, die Story selbst aber allenfalls rudimentär erzählt. Das Aufbegehren gegen gesellschaftliche Normen und den Krieg in Vietnam verpufften in einem scheinbar endlosen Drogenrausch, den Bildern einer plakativ dargestellten Gegenkultur. Die obligatorische Nacktszene, die vor 50 Jahren das Publikum schockiert hatte, die mit Lichteffekten unterfütterte Suche nach Spiritualität, der pure Unterhaltungswert waren den Machern wohl wichtiger als die Botschaften des Musicals von Gerome Ragni, James Rado und Galt MacDermont.

"Hair" ist zu einem Revival verkommen, dass dazu einlädt, in "Aquarius" und "Let the Sunshine in" zu schwelgen, in all den unvergessenen Hits, die am Freitagabend nicht immer ganz lupenrein serviert wurden. "Hair" mutierte zu einer Show, die dem sentimentalen und anrührenden Finale zum Trotz vor allem zum Mitklatschen und Mitsingen animierte, bürgerliche Klischees über die "Sixties" bediente und befeuerte. Die tragisch endende Geschichte um Berger, Sheila, Claude verpuffte ebenso wie die Auseinandersetzung mit dem Vietnamkrieg und den Rassenkonflikten, der inneren Zerrissenheit einer gegen das Establishment aufbegehrenden Generation. "Make Love not War" wurde im Tanzschritt skandiert, im zweifelhaften Kontext einer immerwährenden Party.