Schlange stehen vor dem Modegeschäft – kein seltenes Bild am Montag in der Lahrer Innenstadt. Die Kreisverwaltung beruhigt: Dem Ortenauer Einzelhandel drohe vorerst kein erneuter Lockdown. Foto: Braun

Corona: Keine automatische Schließung bei Inzidenz über 50 / Sonntags wird geimpft

Ortenau - Gute Nachrichten für den Ortenauer Einzelhandel und seine Kunden: Auch bei einer Überschreitung der 50er-Inzidenz drohen keine schnellen Schließungen. Das gelte, betont das Landratsamt, so lange, wie die Corona-Lage kontrollierbar bleibe.

Einzelhandel hat wohl endgültig wieder geöffnet 

Wie ist die Situation in den Krankenhäusern? Wie läuft’s mit dem Impfen? Und mit welchen weiteren Lockerungen dürfen die Menschen in naher Zukunft rechnen? Zu diesen und weiteren Fragen haben Behördenvertreter des Ortenaukreises bei einem Pressegespräch am Dienstagvormittag Stellung genommen. Die LZ fasst die wichtigsten Punkte zusammen.

Keine automatische Schließungen: Die Ortenau zählt zu den wenigen Kreisen im Land, wo der Einzelhandel (unter Hygieneauflagen) seit Montag wieder geöffnet ist. Grund: Die Inzidenz liegt unter dem Wert von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner und Woche. Doch was passiert, wenn die Marke gerissen wird, kehren die Geschäfte dann sofort in den Lockdown zurück? Nein, erklärt Landrat Frank Scherer auf LZ-Nachfrage.

Die Corona-Verordnung gebe den Landkreisen einen "gewissen Ermessensspielraum". Demnach könne von einer Schließung abgesehen werden, "wenn kein diffuses Infektionsgeschehen vorliegt".

Heißt: Steigen die Corona-Zahlen wegen klar abgrenzbarer Hotspots und sind diese gezielt zu bekämpfen, dürften die Läden offen bleiben. "Wir hoffen, dass das lange so bleibt", sagt die Leiterin des Gesundheitsamts Evelyn Bressau.

Appell an Einkaufstouristen: Bereits am Montag bildeten sich in der Lahrer Innenstadt lange Schlangen vor den Geschäften. Ob das alles Ortenauer Kunden waren? Wohl kaum, weiß Scherer. "Natürlich haben wir Einkaufstouristen aus Kreisen, in denen der Einzelhandel geschlossen hat." Einerseits sei das Verlangen nach Normalität nachvollziehbar, andererseits "appelliere ich an die Selbstverantwortung der Menschen, die wieder gewährten Freiheiten nicht zu gefährden", so der Landrat. Mehr bleibe den Behörden nicht übrig: "Wir können ja schlecht die Kreisgrenzen dichtmachen." Grundsätzlich hätte sich Scherer eine landesweite Regelung gewünscht.

Technische Störung in Stuttgart: In der offiziellen Corona-Statistik des Landesgesundheitsamts tauchten am Montag keine neuen Fälle aus der Ortenau auf. Grund war laut Bressau eine technische Störung im System in Stuttgart. Von fünf weiteren Kreisen seien keine Zahlen erschienen, so Landratsamt-Sprecher Kai Hockenjos.

Tatsächlich hat Bressaus Behörde 15 Neuinfektionen gemeldet, damit liege die Inzidenz bei "knapp über 40". Die oberste Gesundheitswächterin im Kreis rechnet wegen der angekündigten kostenlosen Schnell- sowie der nun zugelassenen Selbsttests mit einem Anstieg der Fallzahlen. Bressau appelliert eindringlich: "Um sicherzugehen, sollten die Ergebnisse immer professionell überprüft werden." Aktuell gingen 40 Prozent der Ortenauer Corona-Fälle auf ansteckendere Mutanten zurück. Landesweit sei es rund die Hälfte der Infektionen.

Impfen in Lahr auch am Sonntag: Die Ortenauer Impf-Chefin Diana Kohlmann bestätigt auf LZ-Nachfrage, dass in Lahr künftig auch sonntags gepikst wird. "Wir reagieren damit auf die größere Menge Astra-Zeneca-Impfstoff, den uns das Land jetzt zugesagt hat."

Statt wie aktuell 1400 werden vorerst 2600 Dosen pro Woche erwartet. Bedeutet: An den beiden Sonntagen, 21. und 28. März, werden je 200 Impf-Termine in der Rheintalhalle vergeben. Kohlmann begrüßte wie die Pandemie-Beauftragte Doris Reinhardt, dass Astra-Zeneca ab sofort auch an über 64-Jährige verabreicht werden darf: "Das gibt uns mehr Spielraum."

Laut Reinhardt wird derzeit in einigen Pilot-Praxen geimpft, "um Erfahrungswerte zu sammeln". Bekanntlich sollen ab April auch Hausärzte gegen Corona immunisieren.

Fokus auf Kindern und Jugendlichen: Die aktuellen Lockerungen hält Landrat Scherer für vertretbar – "weitere können und müssen folgen". Der Kreis-Chef hat vor allem die Schüler im Sinn: "Um Langzeitfolgen möglichst zu verhindern, müssen wir da schnell handeln."

Das Land plant, am kommenden Montag an Grundschulen wieder Regelunterricht unter Pandemiebedingungen starten zu lassen, ebenso für die fünften und sechsten Klassen. Scherer: "Es ist notwendig, dass jetzt andere Rechtsgüter in den Vordergrund treten."

Alles im Plan in Krankenhäusern und  Pflegeheimen: Ortenauweit werden laut Landrat derzeit 19 Corona-Patienten stationär behandelt. Drei davon würden beatmet, einer invasiv. In allen Kliniken zusammen halte man zwölf Intensivplätze vor, die innerhalb von maximal 14 Tagen auf bis zu 60 aufgestockt werden könnten.

"Eine Überlastung der Krankenhäuser ist momentan nicht absehbar", resümiert Scherer. Auch das (Zwischen-)Fazit in den Pflegeheimen fällt positiv aus. Bis auf eine Einrichtung in Wolfach, wo es vor Kurzem zu einem Corona-Ausbruch gekommen war (wir berichteten), sei das mobile Impfteam jetzt überall gewesen. Ende des Monats sollen alle Bewohner die Zweitimpfung erhalten haben.

Info

Lahrer über 80 Jahre, die Unterstützung bei der Vereinbarung eines Impftermins benötigen, können sich unter Telefon 07821/2 17 87 beim Bürgerzentrum Stadtmühle melden. Für Senioren, die grundsätzlich impfbereit sind und aufgrund ihrer zeitlichen Flexibilität sehr kurzfristig einen Impftermin wahrnehmen könnten, besteht dort auch die Möglichkeit, sich auf eine spezielle Liste für übriggebliebenen Impfstoff setzen zu lassen, so die Stadt.