Unternehmer und Selbstständige fürchten die Abmahnanwälte
Sorgen bereiten den Unternehmern, Selbstständigen und Vereinen, dass Abmahnanwälte gezielt nach Datenschutzverstößen suchen könnten. Den vermutlich ersten Versuch von Abmahnungen im großen Stil hat es im März dieses Jahres gegeben. Ein erst kürzlich eingetragener Verein aus Norddeutschland verschickte bundesweit rund 1200 Abmahnungen, etwa 80 davon wurden laut Landesdatenschützer Stefan Brink in den Südwesten versandt, darunter seien vor allem Ärzte, aber auch andere Gewerbetreibende. Abgemahnt werden sollte eine mangelnde Verschlüsselung von Webseiten, so dass eingegebene Verbraucherdaten von dritter Seite hätten eingesehen werden können.
Der Mainzer Rechtsanwalt Niklas Plutte, der einige der abgemahnten Webseitenbetreiber vertritt, betonte aber, dass der Verein die Unternehmen gar nicht hätte abmahnen dürfen – auch wenn ein Verstoß gegen die DSGVO vorgelegen habe. Abmahnen dürften nur „qualifizierte Einrichtungen“ wie zum Beispiel anerkannte Verbraucherschutzverbände, die dafür lediglich eine Aufwandpauschale erhielten; je nach Sichtweise auch Konkurrenten im Sinne des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). Beides treffe hier nicht zu. Der betreffende Verein wiederum sieht sich legitimiert, hat allerdings laut einem Medienbericht zuletzt nur noch Hinweise statt Abmahnungen verschickt und um Spenden gebeten, anstatt Abmahnkosten zu fordern.
Die Abmahnanwälte sind in Lauerstellung
„Der Verein hat sich verkalkuliert“, meint Plutte. „Wir werden allen Mandanten empfehlen, unsere Anwaltskosten einzuklagen als Schadenersatz.“ Plutte schätzt aber, dass es künftig andere Anwälte im großen Stil mit Abmahnungen versuchen werden „mit besseren Modellen“. Momentan sei jedoch umstritten, ob man gegen DSGVO-Vorschriften überhaupt über das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb abmahnen dürfe.
Bisher haben die Gerichte dies teils bestätigt, teils aber auch verneint. Demnächst könnte sich der Europäische Gerichtshof zur Abmahnfähigkeit von DSGVO-Verstößen äußern. „Niemand weiß, wie es ausgehen wird – weder Professoren, Behörden noch Anwälte“, so Plutte. „Wenn es eine Entscheidung gibt, dass abgemahnt werden darf, wird es sicher Abmahnwellen geben. Solange das nicht geklärt ist, trauen sich die Abmahnanwälte nicht aus der Deckung.“
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