Bei der Stadtführung gibt es von Hans Haaser (Mitte) viel Wissenswertes zu erfahren. Foto: Benner

„Auf Junghans’ Spuren“ wurden stadtgeschichtlich Interessierte aus der Region am Sonntagnachmittag von Hans Haaser durch Schramberg geführt.

Dabei wurde sowohl die unternehmerische Historie, ebenso die Vorgeschichte beziehungsweise die Rahmenbedingungen, als auch die Familienchronik, sowie die städtische Entwicklung näher beleuchtet – weil all das untrennbar miteinander verwoben ist. Als Nachfahre der Familie Landenberger ist Hans Haaser wohl informiert, hat gar einige Persönlichkeiten der prägenden Familie noch persönlich gekannt. Seine umfassenden Einsichten bietet er Wissbegierigen seit bald zwei Jahrzehnten an.

Ausgangspunkt im Schloss

Der Ausgangspunkt der Führung befand sich im Schramberger Schloss. Genauer an der imposanten Kunstuhr, die Junghans seinerzeit als Werbung für die Weltausstellung 1900 in Paris anfertigen lies. „Keine Sorge, Sie haben eine Junghansuhr – Sie sind pünktlich.“ witzelt er, als die Letzten für die Tour eintreffen.

Start ist an der Weltausstellungsuhr im Schloss. Foto: Benner

Diese beginnt zu einer Zeit, als in Berlin noch ein Kaiser regierte und in Württemberg ein König waltete. Vor bald 180 Jahren, als sich aus einem strukturschwachen Nest eine Stadt zu entwickeln begann. Mit der Niederlassung des Keramikwarenherstellers Isidor Faist im alten Schloss nahm die hiesige Industrialisierung Fahrt auf.

Niederlassung im Schloss

Zur Standortwahl hatten den aus Zell am Harmersbach stammenden Unternehmer einerseits die üppig vorhandenen Ressourcen und andererseits die badische Gesetzgebung gebracht, die ihm dort eine Selbstständigkeit unmöglich machte. Zur Niederlassung im Schloss kam es durch eines der häufigen Hochwasser, dem den rechten Flügel des Bauwerks zum Opfer fiel. Der repräsentative Wohnsitz der Grafen von Bissingen war dahin, doch eine Umnutzung für die Produktion schmälerte den Verlust. Schließlich wurde das heutige Schloss aus den Materialien des bisherigen erbaut. Die Produktion musste verlegt werden. Und zwar wurde sie auf einem Streif des Schlossgartens neu aufgebaut.

Durchbruch mit dem Wecker

Ob der gut laufenden Geschäfte warb Faist den Stahlstecher Erhard Junghans aus seiner Heimat an. Dessen erste Unternehmung mit einer Ölmühle erwies sich als Flop. Die Beratung von Ferdinand von Steinbeis sollte es richten: Man verständigte sich auf den Exportschlager Schwarzwalduhr und begann für diese mit der Herstellung von Zubehörbauteilen. Das lief so gut, dass bald darauf ein eigenes Produkt vermarktet wurde – der Wecker. Dieser war genauer als andere Uhren, günstig, stabil, praktisch und die Nachfrage dank der rapide steigenden Beschäftigung immens.

Stadtbild prägende Gebäude

Die werbende Teilnahme auf der Weltausstellung in Paris vor rund zwei Millionen Besuchern tat ihr übriges, um die Auftragsbücher prall zu füllen und brachten Junghans schließlich den Titel als weltgrößter Uhrenhersteller ein. Zu seiner Blüte führten das Unternehmen seine Söhne, am längsten Arthur Junghans. Zu ihrer Zeit wurden die teils bis heute das Stadtbild prägenden Villen und der prominente Terrassenbau errichtet.

Geschichte bis heute

Die Festlegung des Vaters, die Firma allein durch seine Söhne weiterführen zu lassen, verstimmte deren Schwager Paul Landenberger. Der revanchierte sich um 1882 mit einer eigenen Existenzgründung, der späteren H. A. U., die schließlich 1930 doch mit Junghans fusioniert, beziehungsweise aufgehen muss. 1956 übernahm die Diehl-Gruppe die Geschäftsleitung, 2000 ging die Uhrensparte auf Egana Goldpfeil über. Nach deren Insolvenz übernahmen 2009 Hans-Jochem Steim und Sohn Hannes die Geschäftstätigkeit und alle Produktionssparten.

Der Firmengründer selbst, Erhard Junghans, wäre in diesem Jahr 200 geworden. Die vielseitige Geschichte der Familie wurde Ende letzen Jahres auch im Theaterstück „Die Unruh des Herrn Junghans“ eingefasst.