Die Kanzlerin und der Finanzminister haben sich im Fall der Deutschen Bank Stillschweigen auferlegt. Doch Sigmar Gabriel hält sich nicht daran. Kritik kommt gleich von mehreren Seiten.
Berlin - Wie angespannt die Lage beim größten deutschen Kreditinstitut ist, zeigt sich auch in der Politik. Die Bundesregierung legt sich im Fall der Deutschen Bank Stillschweigen auf. Selbst in Hintergrundgesprächen geben sich Minister und Notenbanker bei diesem Thema einsilbig. Spätestens seit der Finanzkrise 2008 wissen Spitzenpolitiker, dass sie aufpassen müssen, die Nervosität an den Finanzmärkten nicht durch eigene Äußerungen zu befeuern. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sind sich deshalb einig, dass absolute Zurückhaltung notwendig ist.
Als in der vergangenen Woche das Gerücht aufkam, die Bundesregierung arbeite schon an einem Rettungsplan für die Deutsche Bank, trat das Finanzressort dem mit ungewöhnlicher Entschiedenheit entgegen. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass die Regierung sich nicht einmischen wird. Die Bank müsse ihre Probleme selbst lösen, heißt es. Die Bundesregierung erwartet, dass sich der Deutsche-Bank-Chef John Cryan mit dem US-Justizministerium rasch über die Strafzahlungen verständigt. Offenbar hat das Institut entsprechende Signale nach Berlin übermittelt.
Der Minister nährt selbst Zweifel
Von Zurückhaltung will Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) aber nichts wissen. Auf seiner Iran-Reise hat Gabriel die Deutsche Bank hart attackiert: „Ich weiß nicht, ob ich lachen oder wütend sein soll, wenn sich ausgerechnet die Bank, die Spekulantentum zum Geschäftsmodell erklärt hat, zum Opfer von Spekulanten erklärt.“ Und dann fügte Gabriel noch hinzu, er mache sich große Sorgen um die Mitarbeiter der Deutschen Bank. Damit nährt der Wirtschaftsminister selbst Zweifel, es stehe schlecht um das Institut. Für Banken, die vom Vertrauen der Kunden leben, sind öffentliche Zweifel an ihrer Solidität ein Problem. Schon deshalb versucht sich die Politik herauszuhalten. Das gilt immer dann, wenn die Interessen einzelner Unternehmen berührt sind.
Weder das Kanzleramt noch das Finanzministerium wollen zu Gabriels Äußerungen Stellung nehmen. Im unionsgeführten Teil der Regierung ist aber zu erfahren, man habe die Äußerungen des Wirtschaftsministers mit Verwunderung zur Kenntnis genommen. Begründet wird das damit, man halte sich an den Komment, keine Kommentare zu sensiblen Vorgängen in Unternehmen abzugeben. Daran hat sich Gabriel nicht gehalten. An anderer Stelle heißt es, es handele sich um ein typisches Wahlkampfmanöver des SPD-Vorsitzenden. Scharfe Kritik an Gabriel kommt aus der Union. Der Minister müsse die Bedeutung der Deutschen Bank für die Wirtschaft im Blick behalten, sagte der CDU-Abgeordnete Joachim Pfeiffer. Den Finanzpolitikern der Union ist schon mehrfach aufgefallen, dass die SPD zur Deutschen Bank ein schwieriges Verhältnis hat. Wenn es um Finanzmarktgesetze geht, achten die Sozialdemokraten genau darauf, dass geplante Neuregelungen nicht dazu führen, dass sich die Bank besserstellt.
Opposition rügt Gabriel
Auch in der Opposition stößt Gabriels Vorstoß auf ein geteiltes Echo. Kerstin Andreae, stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, sagte dieser Zeitung: „So falsch liegt Gabriel nicht.“ Es sei eigenartig, wenn die Deutsche Bank „haltet den Dieb“ rufe, selbst aber gerade mit Milliardenstrafzahlungen wegen unsauberer Geschäfte konfrontiert sei. Die grüne Wirtschaftspolitikerin sagt aber auch: „Wirtschaftsminister Gabriel hätte lieber schweigen sollen.“ Er habe keine Antwort darauf, dass tausende Bankangestellte um ihre Arbeitsplätze bangten. Es sei nicht hilfreich, wenn die Bundesregierung öffentlich über die Lage der Deutschen Bank streitet, sagte Andreae.
Der Deutsche-Bank-Chef Cryan befindet sich zurzeit in den USA und wird am Wochenende an den Veranstaltungen aus Anlass der Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank in Washington teilnehmen. Die Deutsche Bank ist mit einer starken Stellung im Geschäft mit Derivaten systemrelevant für die globalen Finanzmärkte. Es ist daher damit zu rechnen, dass die Finanzminister und Notenbankchefs am Rande der IWF-Tagung auch über das Thema Deutsche Bank sprechen werden. Offiziell steht das Thema nicht auf der Tagesordnung. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Bundesbankchef Jens Weidmann nehmen an der Tagung teil.