Laut Kriminalstatistik des Polizeipräsidiums Pforzheim haben die Gewalttaten im Landkreis Freudenstadt abgenommen. (Symbolfoto) Foto: © MQ-Illustrations – stock.adobe.com

Weniger Einbrüche, dafür mehr häusliche Gewalt, ein Anstieg bei der Verbreitung von Kinderpornografie und mehr Hass und Hetze im Netz – laut Kriminalstatistik des Polizeipräsidiums Pforzheim haben die Gewalttaten im Landkreis insgesamt aber abgenommen.

Kreis Freudenstadt - In der Erhebung sämtlicher Straftaten für das Jahr 2021, die die leitende Kriminaldirektorin Sandra Zarges vortrug, rangiert der Landkreis Freudenstadt innerhalb des Polizeipräsidiums Pforzheim mit 3469 von insgesamt 21.290 Delikten auf Rang neun. Die Straftaten hätten zwar abgenommen – im Vergleich zu 2020 um 633 – der Trend zeige aber schon jetzt wieder deutlich nach oben.

In fast allen Städten und Gemeinden des Landkreises hat die Zahl der Straftaten abgenommen, außer in drei. In Eutingen im Gäu stieg die Zahl um 50 und damit um 35 Prozent an. In Bad Rippoldsau-Schapbach waren es 23 Straftaten (28 Prozent) mehr als im Vorjahr. In beiden Gemeinden hätten schwere Diebstähle und Widerstände stark zugenommen. Anders in Grömbach, wo sich alle vier zusätzlichen Delikte im Bereich der Sexualstraftaten abgespielt hätten, so Zarges.

Anstieg an Sexualdelikten um mehr als 53 Prozent

Die meisten Straftaten spielten sich in Wohnhäusern, Mehrfamilienhäusern und auf Parkplätzen ab, und zwar nicht bei Nacht, sondern in der Zeit zwischen 9 und 20 Uhr. Opfer von Straftaten wurden 829 Personen (2020 waren es 802). Etwa dreiviertel von ihnen sind Erwachsene, darunter 60 Prozent Männer. Die meisten wurden Opfer von Körperverletzung – elf Prozent durch den Ehepartner oder einen ehemaligen Lebenspartner. In 43,4 Prozent der Fälle gab es keinerlei Vorbeziehung zwischen Täter und Opfer.

Vor allem der Anstieg an Sexualdelikten um mehr als 53 Prozent bezeichnete die Referentin als besorgniserregend. Die Gewalttaten führt sie auch auf die Ausgangssperren während der Corona-Pandemie zurück, in der viele Menschen auf engem Raum miteinander leben und teilweise auch arbeiten mussten.

Besorgniserregend sei auch die Zunahme der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, bei denen landesweit ein starker Anstieg zu verzeichnen sei. Von 87 Straftaten im Jahr 2020 hat sich die Opferzahl im Landkreis Freudenstadt im vergangenen Jahr auf 143 erhöht, was einem Anstieg von 64,4 Prozent entspricht. Vor allem die Verbreitung pornografischer Schriften hat zugenommen. Sie stieg von 37 auf 79 Fälle.

Enkeltrick bereitet den Polizeibeamten Sorge

Beim sexuellen Missbrauch stieg die Opferzahl von 25 auf 28 – zwölf Prozent davon waren Kinder und Jugendliche. "Das ist eine Daueraufgabe, der wir uns in den nächsten Jahren stellen müssen", sagte die leitende Kriminaldirektorin. Das Präsidium habe deshalb die Ermittlungsgruppe Calw eingerichtet, die sich speziell mit der Kriminalität auf Schulhöfen und in Chatgruppen kümmere.

Die häusliche Gewalt hat ebenfalls stark zugenommen. Hier stieg die Opferzahl von 74 auf 116, was einer Steigerung von 56,8 Prozent entspricht. 92 der Opfer waren Frauen. Auch da, so Zarges, habe man bereits reagiert und im Frühjahr 2021 in allen Polizeipräsidien eine "Koordinierungsstelle Häusliche Gewalt" eingerichtet.

Sorge bereite der Polizei auch der sogenannte Enkeltrick, mit dem falsche Polizisten versuchten, vor allem älteren Menschen große Geldsummen abzujagen. 14 solcher Fälle gab es im Landkreis Freudenstadt. Zum Glück, so Zarges, blieben die meisten im Versuchsstadium stecken. In zwei Fällen waren die Betrüger jedoch erfolgreich. Auf einem „besorgniserregenden Niveau“ bewege sich die Gewalt gegen Polizeibeamte. Hier ist die Zahl im Landkreis von 28 auf 37 Fälle und somit um 32,1 Prozent angestiegen – Beleidigungen nicht mitgezählt. Die seien, beklagt Zarges, mittlerweile an der Tagesordnung. 90 Prozent der Tatverdächtigen seien Männer, 28 standen zum Zeitpunkt der Tat unter Alkoholeinfluss.

Weniger Diebstähle und räuberische Erpressungen

Abgenommen haben im Landkreis dagegen Diebstähle und räuberische Erpressungen von 23 auf 13 Fälle (minus 43,5 Prozent), die Straßenkriminalität von 504 auf 427 Fälle (minus 15,3 Prozent) sowie Fälle von Körperverletzungen von 392 auf 385 (minus 1,8 Prozent), sowie Rauschgiftdelikte von 449 Fällen auf 277 (minus 38,3 Prozent).

Landrat Klaus Michael Rückert bedankte sich für das umfangreiche Zahlenwerk. Dass die Kriminalität in vielen Bereichen rückläufig war hat ihn und die Kreisräte gefreut. Kreisrat Gerhard Gaiser (SPD) nannte den Landkreis Freudenstadt "einen sicheren Landkreis". Er mache sich dennoch Sorgen wegen der Zunahme von Hass und Hetze im Netz und wollte wissen, was die Kriminalstatistik zu rechtsmotivierten Straftaten sagt. Diese seien im Bereich des Polizeipräsidiums Pforzheim angestiegen, im Landkreis Freudenstadt ebenfalls, von 15 auf 24 Fälle, so die leitende Kriminaldirektorin, die auf eine Gesetzesänderung und auf eine Meldepflicht hofft.

Vor allem die Zunahme bei der Kinderpornografie bereitet Kreisrat Wolf Hoffmann (Bündnis 90/Die Grünen) Sorgen. Er wollte von Sandra Zarges wissen, was hier getan werden kann. Die Anbieter von Telemediendiensten müssten verpflichtet werden, Straftaten im Netz zu melden, machte sie deutlich. Ein entsprechendes Gesetz sei bereits in Kraft, könne aber wegen zahlreichen Klagen nicht angewendet werden, beklagte sie.