Lahrer Polizisten auf den Weg zu einem Einsatz. (Archivfoto) Foto: Schabel

Gesamtzahl der Straftaten ist im Corona-Jahr gesunken. Zunahme bei einzelnen Delikten festgestellt.

Lahr - Lahr ist für eine Stadt dieser Größe ein sicheres Pflaster, wie die Kriminalstatistik 2020 zeigt: In 20 Jahren waren die Fallzahlen noch nie so niedrig. Sorgen bereitet aber die Gewalt gegen Polizisten. Auch die Zahl der Sexualstraftaten ist gestiegen.

82 "Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung" wurden im vergangenen Jahr in Lahr verübt, 35 mehr als im Jahr davor. Im polizeilichen Schaubild zu diesem Delikt ist der Balken für 2020 rot gefärbt – als Alarmsignal. Denn seit 2016 werden Jahr für Jahr mehr sexuelle Übergriffe in Lahr angezeigt – jetzt ist der vorläufige Höhepunkt dieser traurigen Entwicklung erreicht. Zum einen liegt das an einer Verschärfung der Gesetze, wonach auch Grapschen unter Strafe steht, zum anderen gibt es "ein deutlich anderes Anzeigeverhalten", wie Revierleiter Ingolf Grunwald gegenüber der Lahrer Zeitung erklärte.

Zu entnehmen ist die Lahrer Kriminalstatistik einer schriftlichen Information, in der auf die Entwicklungen 2020 zurückgeblickt wird, da die Polizei im andauernden Lockdown nicht wie sonst zum Jahrespressegespräch eingeladen hat. Demnach ist die Zahl der in Lahr verübten Straftaten im vergangenen Jahr gesunken, auf 2787. Der Rückgang beträgt zehn Prozent – das liegt über dem Landestrend von minus 6,1 Prozent. Zum Vergleich: 2019 waren in Lahr 3079 Straftaten registriert worden, 2018 sogar 3455. Verständlich, dass der Lahrer Polizeichef angesichts dieser Entwicklung beim Telefonat mit unserer Redaktion insgesamt eine positive Bilanz zog: "Die Sicherheitslage in Lahr hat sich nochmal verbessert", freut sich Ingolf Grunwald. Eine Entwicklung, die auch etwas mit der Pandemie zu tun habe. Gerade der Rückgang der Straßenkriminalität sei eine Folge davon. n Straßenkriminalität: In Zeiten von Corona und Ausgangsbeschränkungen ist die Zahl der angezeigten Fälle von Straßenkriminalität in Lahr signifikant zurückgegangen, von 726 auf 606. Denn Bars, Diskos oder Ausflugsziele sind zu, es kommen weniger Menschen zusammen, es wird weniger Alkohol in der Öffentlichkeit getrunken. Als Nebeneffekt gibt’s weniger Straßenkriminalität, also Schlägereien oder Raubstraftaten. Auch bei Körperverletzungen und Diebstählen sind die Fallzahlen gesunken.

Corona-Kontrollen: Durch die Pandemie hat sich die Polizeiarbeit teilweise "verschoben", wie es der stellvertretende Revierleiter Joachim Ohnemus formuliert. Denn bei geschlossenen Geschäften gebe es weniger Ladendiebstähle, auch die Zahl der Einbrüche habe abgenommen. In diesen Bereichen habe die Polizei also weniger zu ermitteln. Dagegen bereite die Überwachung der Corona-Verordnung "viel zusätzliche Arbeit". Nicht nur, dass die Polizisten auf ihren Streifegängen die Einhaltung der Abstand- und Maskenpflicht im Auge haben müssten, vielmehr habe man auch nicht wenige Anrufer, die es etwa meldeten, wenn in der Nachbarwohnung eine Party mit (zu) vielen Teilnehmer steigt.

Gewalt gegen Polizisten: Nach oben gegangen sind dagegen die Fallzahlen bei der Gewalt gegen Polizeibeamte, von 30 auf 39. Dieser Anstieg um 30 Prozent liegt weit über dem Landesschnitt (plus 3,2 Prozent). Es ist eine Entwicklung, die Revierleiter Grunwald natürlich große Sorge bereitet. Die Polizisten erlebten immer häufiger, dass Menschen sich ihnen nicht nur verbal, sondern auch körperlich entgegensetzen. Werden Beamte etwa zur Schlichtung häuslicher Streitigkeiten gerufen, komme es vor, "dass die Stimmung umschlägt" und die Polizisten selbst angegriffen werden, so Grunwald. Zwei Polizisten seien so im Dienst verletzt worden und waren dann krankgeschrieben. Der Revierleiter erhofft sich vom Einsatz von Body Cams, die seit dem Vorjahr auch in Wohnungen eingeschaltet werden dürfen, positive Effekte. Potenzielle Angreifer würden von den kleinen Polizei-Kameras abgeschreckt, erwartet er.

Wohnungseinbrüche: Die Corona-Pandemie und der derzeitige Lockdown lassen viele Menschen zu Hause bleiben. Der Trend zum Homeoffice macht Einbrechern einen dicken Strich durch die Rechnung, wie die Vorjahreszahlen zeigen: Ganze 16 Einbrüche wurden 2020 in Lahr verübt. 2019 hatte es 42 Einbrüche gegeben, 2018 sogar 63. Jetzt gibt es bei diesem Delikt einen historischen Tiefststand, da die Pandemie Kriminellen die Gelegenheiten nimmt, in eine leere Wohnung einzudringen.n Fahrraddiebstahl: Auch hier gibt es einen Rückgang, von 222 Fällen 2019 auf 159 im vergangenen Jahr. Die Polizei appelliert weiter, Fahrräder so gut wie möglich zu sichern.

Internetstraftaten: Seit der Corona-Krise arbeiten, lernen und shoppen die Lahrer zwar häufiger online – sie werden aber nicht öfter im Internet Opfer von Verbrechen. Denn auch bei der in Lahr angezeigten Cyber-Kriminalität gibt es einen Rückgang, von 37 auf 35 Fälle.

Aufklärungsquote: Während in Lahr die Zahl der Straftaten gesunken ist, ist die Aufklärungsquote gestiegen. Sie liegt jetzt bei 63 Prozent und damit 3,2 Prozentpunkte über dem Landesschnitt.

Enkeltrick: In ihrem Bericht nennt die Polizei Bereiche, auf die sie 2021 einen besonders intensiven Blick werfen will. Dazu gehören die Drogenkriminalität – hier sind die Zahlen leicht gestiegen –, aber auch sogenannte Anrufstraftaten, bei denen sich etwa ein vermeintlicher Enkel oder Microsoftmitarbeiter bei Bürgern meldet, um sie abzuzocken. Fahrraddiebstähle, die Sicherheit im öffentlichen Raum und die Kriminalprävention werden als weitere Schwerpunkte genannt.

Einfache Diebstähle machen mit 569 Fällen die meisten Straftaten in Lahr aus, danach folgen schwerer Diebstahl (374 Delikte), Körperverletzung (346), Sachbeschädigung (277), Betrug (276) und Drogenkriminalität (194). Außer bei der Rauschgiftkriminalität liegen die Zahlen jeweils niedriger als im vorangegangenen Jahr.