Die Polizei erfasste im vergangenen Jahr 5,94 Millionen Straftaten. Foto: Britta Pedersen/dpa/Britta Pedersen

Über einige Zahlen aus der neuen Polizeilichen Kriminalitätsstatistik wurde schon diskutiert. Nun stellte Bundesinnenministerin Faeser den ganzen Bericht vor.

Mehr Straftaten, mehr Gewaltdelikte, mehr ausländische Tatverdächtige und mehr Kriminalität unter Kindern und Jugendlichen: Diese Entwicklungen zeigt die Polizeiliche Kriminalstatistik, die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), der Vorsitzende der Innenministerkonferenz und brandenburgische Innenminister Michael Stübgen (CDU) und der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA) Holger Münch am Dienstag in Berlin vorgestellt haben. Sie bietet eine Übersicht über die Delikte, die in Deutschland von der Polizei erfasst wurden.

2023 waren es insgesamt 5,94 Millionen Straftaten. Das sind 5,5 Prozent mehr als 2022 und 9 Prozent mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019. Der Anstieg betrifft auch die Gewaltkriminalität. Mit 214 099 erfassten Fällen waren es 8,6 Prozent mehr als im Vorjahr – und sogar 18,3 Prozent mehr als 2019. In den meisten der Kriminalitätsbereiche ist ein Anstieg zu erkennen. In der Drogenkriminalität lagen die Zahlen insgesamt ähnlich hoch wie im Vorjahr. Eine auffällige Zunahme gab es allerdings bei Straftaten mit Kokain: 29,1 Prozent mehr als 2022.

„Schnelle Verfahren, spürbare Strafen“

„Deutschland ist weiterhin eines der sichersten Länder der Welt“, sagte Innenministerin Faeser. „Gleichzeitig gibt es Entwicklungen, die wir klar benennen müssen.“ Sie betonte, dass der Rechtsstaat hart gegen Gewalt durchgreifen müsse. „Das heißt konkret: schnelle Verfahren, spürbare Strafen.“

Einige Zahlen aus der Statistik waren schon in den vergangenen Tagen öffentlich bekannt und diskutiert worden – insbesondere die nicht-deutscher Tatverdächtiger, die deutlich zugenommen hat. Insgesamt zählte die Polizei 2 246 767 Verdächtige und damit 7,3 Prozent mehr im Vorjahr. Die Zunahme bei den nicht-deutschen Tatverdächtigen fiel mit 17,8 Prozent aber höher aus. Das sind 923 269 Menschen. Rechnet man ausländerrechtliche Verstöße heraus, liegt der Anstieg noch immer bei 13,5 Prozent.

Risikofaktoren für Straffälligkeit

BKA-Chef Münch verwies auf verschiedene Gründe für diese Entwicklung. „Die Bevölkerung ist durch die Zuwanderung Nichtdeutscher in den Jahren 2022 und 2023 deutlich angestiegen“, sagte er. „Es ist erwartbar, dass sich das in den Tatverdächtigen-Zahlen niederschlägt.“ Viele Schutzsuchende wiesen außerdem Risikofaktoren auf, die Straffälligkeit wahrscheinlicher machten. Münch nannte ein geringeres Bildungsniveau oder Armut, betonte aber: „Wenn Migration gelingt, dann muss das nicht zu einem Mehr an Kriminalität führen.“ Er verwies gleichzeitig darauf, dass es Belastungsgrenzen gebe.

Der brandenburgische Innenminister Stübgen sagte, dass der Anteil nicht-deutscher Menschen unter den Tatverdächtigen im vergangenen Jahr bei 41 Prozent gelegen habe, obwohl ihr Anteil in der Bevölkerung bei 15 Prozent liege. „Den Anteil ausländischer Tatverdächtiger schönzureden oder zu ignorieren, ist genauso falsch und schädlich wie politischer Alarmismus und ein Generalverdacht gegenüber Ausländern“, sagte Stübgen. Innenministerin Faeser erinnerte an die Maßnahmen, die zuletzt umgesetzt wurden, um Zuwanderung zu begrenzen. Sie warnte aber auch davor Ressentiments zu schüren.

Deutlich mehr Kinder- und Jugendkriminalität

Unter den Tatverdächtigen fällt die Zunahme einer weiteren Gruppe auf: Mit 12 Prozent mehr Kindern und 9,5 Prozent mehr Jugendlichen als im Vorjahr ist der Anteil dieser Altersgruppe unter den Tatverdächtigen besonders stark gewachsen. Insgesamt waren 104 233 Kinder und 207 149 Jugendliche unter den erfassten Personen. Im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 sind das 17 Prozent mehr Jugendliche und sogar 43 Prozent mehr Kinder.

BKA-Präsident Münch erklärte die Zunahme mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie. „Wir sehen aus aktuellen Studien, dass die psychischen Belastungen bei Kindern und Jugendlichen aktuell noch nachwirken“, sagte Münch. „Das hat Folgen für die Kriminalität.“ Auch Faeser sagte, es sei wichtig und richtig Lehren aus der Pandemie zu ziehen. „Wie massiv Kinder und Jugendliche in der Pandemie gelitten haben, welche sozialen Verwerfungen bis hin zu Gewalt das nach sich gezogen hat, das muss man aus meiner Sicht in einer umfassenden Evaluierung der Corona-Maßnahmen genau untersuchen“, so die Innenministerin.