Auf der zur Ukraine gehörenden Schwarzmeerhalbinsel Krim hat das Referendum über den Beitritt zu Russland begonnen. Foto: dpa

Die Abspaltung der Krim von der Ukraine geht in ihre entscheidende Phase. Schon bald soll die Schwarzmeerhalbinsel wieder zu Russland gehören. Der Westen ist entsetzt und droht Moskau weiter mit Sanktionen. Kanzlerin Merkel spricht erneut mit Kremlchef Putin.

Die Abspaltung der Krim von der Ukraine geht in ihre entscheidende Phase. Schon bald soll die Schwarzmeerhalbinsel wieder zu Russland gehören. Der Westen ist entsetzt und droht Moskau weiter mit Sanktionen. Kanzlerin Merkel spricht erneut mit Kremlchef Putin. 

Simferopol - Unter scharfem Protest des Westens hat die zur Ukraine gehörende Schwarzmeerhalbinsel Krim ein Referendum über den Beitritt zu Russland abgehalten. Der moskautreue Regierungschef Sergej Aksjonow erklärte die Befragung bereits am Sonntagmittag für „erfolgreich“, da die Mindestbeteiligung von 50 Prozent überschritten worden sei. Er rechne bis zum Abend mit bis zu 90 Prozent.

Kremlchef Wladimir Putin betonte in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel erneut, dass das Referendum aus Sicht Russlands dem Völkerrecht entspreche. Merkel und weitere westliche Politiker werfen Moskau hingegen mit Nachdruck vor, die Abspaltung der Krim im Widerspruch mit internationalem Recht voranzutreiben.

In der Krim-Hauptstadt Simferopol sprach Parlamentschef Wladimir Konstantinow von einem schicksalhaften Tag für die Autonome Republik. Zahlreiche ausländische Beobachter und Journalisten verfolgten die Abstimmung, die unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen vor allem in Schulen organisiert wird. Vor vielen der mehr als 1200 Wahllokale bildeten sich lange Schlangen, wie das russische Staatsfernsehen berichtete. Bilder zeigten, wie Menschen ihre Stimmzettel in Wahlurnen aus durchsichtigem Plexiglas warfen.

Rund 1,8 Millionen Berechtigte waren aufgerufen, für einen Anschluss an Russland oder für den Verbleib in der Ukraine zu stimmen - allerdings dann mit verstärkten Autonomierechten. Die Ukraine und der Westen erkennen das Referendum nicht an. Russland will der Aufnahme der Halbinsel im Schwarzen Meer ungeachtet von Sanktionsdrohungen zustimmen. Die prorussische Krim-Führung rechnete damit, dass sich mehr als 80 Prozent der Wähler für einen Anschluss an Russland entscheiden. Die Minderheit der muslimisch geprägten Krimtataren hatte zum Boykott der Befragung aufgerufen.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier forderte Moskau scharf zum Einlenken auf. „Wir haben die Konfrontation nicht gesucht. Aber wenn Russland nicht in letzter Minute einlenkt, werden wir am Montag im Kreis der EU-Außenminister eine entsprechende erste Antwort geben“, sagte Steinmeier der „Welt am Sonntag“. Geplant sind Einreiseverbote und Kontensperrungen für Russen.

Russland reagiert bisher unbeeindruckt auf die Drohungen. Putin betonte in dem Telefonat mit Merkel, dass die Befragung aus Sicht Moskaus voll übereinstimme mit dem Grundsatz der Vereinten Nationen über das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Moskau werde die Entscheidung der Krim-Bevölkerung respektieren.

Nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert verurteilte Merkel den jüngsten Zwischenfall im Gebiet Cherson auf dem ukrainischen Festland. Dabei hätten russische Truppen eine Gasumleitungsstation besetzt. Die Kanzlerin habe vorgeschlagen, die bestehende OSZE-Präsenz in der Ukraine rasch zu erweitern und eine größere Anzahl Beobachter insbesondere in die Ostukraine zu entsenden. Putin kritisierte erneut scharf die Regierung in Kiew, weil diese in der Ostukraine „radikale Gruppierungen“ gewähren lasse. Zuletzt gab es in der Region bei Zusammenstößen auch Tote.

In mehreren Städten der stark russisch geprägten Ostukraine kam es am Sonntag erneut zu Protesten. In Charkow forderten etwa 3000 Demonstranten in ihrer Stadt ein Referendum wie auf der Krim. In Donezk stürmten Randalierer mehrere Verwaltungsgebäude.

Auch der russische Außenminister Sergej Lawrow verteidigte in einem Telefonat mit seinem US-Kollegen John Kerry das Referendum erneut, wie seine Behörde in Moskau am Sonntag mitteilte. Putins Sprecher Dmitri Peskow sagte, es zeichne sich derzeit kein neuer Kalter Krieg ab. Die Gespräche mit dem Westen gingen ungeachtet der „dramatischen Meinungsverschiedenheiten“ weiter, sagte Peskow dem russischen Fernsehsender Ren-TV. Die Gefahr einer Isolation der Rohstoffmacht sah er nicht. „Wir hängen wirtschaftlich vom Westen im gleichen Maße ab, wie der Westen auch von uns abhängt“, sagte Peskow.

Russland sagte nach Angaben der Übergangsregierung in Kiew zu, die Blockade von Stützpunkten auf der Krim zu beenden. Vorerst gelte das Stillhalteabkommen bis zum 21. März, sagte Verteidigungsminister Igor Tenjuch. Eine Bestätigung gab es zunächst nicht.

Die Autonome Republik Krim ist bisher Teil der Ex-Sowjetrepublik Ukraine, der sie 1954 von Kremlchef Nikita Chruschtschow zugeschlagen worden war. Moskau betont das Selbstbestimmungsrecht der mehrheitlich russischstämmigen Krim-Bevölkerung und will eine „Rückkehr“ der Halbinsel zum Mutterland durchsetzen. Die Krim-Stadt Sewastopol ist seit mehr als 200 Jahren Sitz der russischen Schwarzmeerflotte.