Auf ihren bloßen Händen trugen im Frühjahr viele Mütter ihre Kinder über die Grenze nach Polen. Die Kleinen waren meist in Schneehosen und -anzüge gekleidet, um beim stundenlangen Anstehen vor der Kälte zu geschützt zu sein. Angekommen im neuen Zuhause auf Zeit, bedarf es dort großer Hilfe und guter Organisation. Foto: Spitz

Der Schwarzwald-Baar-Kreis muss handeln. Rund 2000 Flüchtlinge aus der Ukraine sind angekommen – doch erwartet werden noch einige mehr.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Flüchtlingen aus der Ukraine begegnet man im Schwarzwald-Baar-Kreis längst alltäglich – auf der Straße, in Geschäften, in den Schulen. Rund 2000 Ukrainer suchten seit Kriegsbeginn in der Ukraine in der Region ein Zuhause auf Zeit.

Willkommenskultur stößt an Grenzen

Eine Willkommenskultur hat sich etabliert – doch die stößt jetzt an räumliche Grenzen, denn klar ist: Die vorhandenen Plätze in den Gemeinschaftsunterkünften reichen nicht aus, wenngleich auch zuletzt deutschlandweit immer wieder von Flüchtlingen berichtet wird, die wieder zurückgehen.

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Zu Kriegsbeginn waren es 483 Plätze in den Gemeinschaftsunterkünften, die der Landkreis bieten konnte. Rasch wurde aufgestockt – 934 sind es aktuell. Im Heilig-Geist-Spital in Villingen wurden auf einen Schwung 230 Plätze geschaffen. Und weitere Pläne stehen vor der Umsetzung: Der zweite Bauabschnitt im Heilig-Geist-Spital soll weitere 220 Plätze bescheren, ein Ausbau der Gemeinschaftsunterkunft in St. Georgen in der Bahnhofstraße weitere 30, das ehemalige Kurhaus Viktoria in Schönwald soll bald 140 Flüchtlingen ein Ort der Zuflucht sein. Weitere 390 Plätze in Gemeinschaftsunterkünften wären das, summa summarum 1324 – eine Menge, und doch immer noch zu wenige, denn rund 1700 Plätze waren das Ziel und manche der Unterkünfte bislang sind nur mit kurzfristigen Mietverhältnissen gesichert.

Im Kreistag am Montag stellte das Landratsamt gemeinsam mit dem Sozialamtsleiter Jan Hauser und Sozialdezernatsleiter Jürgen Stach eine statistische Auswertung der Flüchtlinge vor, die aufzeigt, wer genau bislang aus der Ukraine in der Region eintraf. Demnach handelt es sich bei etwa Dreiviertel der erwachsenen Flüchtlinge um weibliche Erwachsene. Die meisten ukrainischen Flüchtlinge in der Region sind zwischen 18 und 65 Jahre alt, 796 der knapp 2000 Flüchtlinge sind Kinder und Jugendliche. Mehr als 250 von ihnen sind bereits an den Schulen im Schwarzwald-Baar-Kreis bereits angekommen. "Aber das größere Problem wird die Kinderbetreuung sein", prophezeite Jan Hauser am Montag. Zu wenig Plätze, Fachkräftemangel und zu hohe Voraussetzungen für alle, die hier tätig werden könnten, um Abhilfe zu schaffen, fasste der Sozialamtsleiter zusammen.

Viele Traumata zu bewältigen

In den meisten Fällen finden die Flüchtlinge, so die Information aus dem Landratsamt, eigenständig Wohnungen für die Anschlussunterbringung in den Städten und Gemeinden des Landkreises. Trotzdem bedarf es eines umfassenden Integrationsmanagements: Mit 4,3 Stellen übernimmt das Landratsamt diese Aufgabe für 17 Gemeinden im Kreis. Lediglich die Stadt Villingen-Schwenningen sowie St. Georgen und Königsfeld haben ein eigenes Integrationsmanagement.

Und auch Angebote darüber hinaus sind notwendig – "noch nie hatten wir in solch kurzer Zeit so viele Kinder mit einheitlicher Sprache und Kultur, von denen angenommen werden muss, dass sie einen therapeutischen Bedarf haben", informiert die Behörde. Refugio nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein, insbesondere bei den dolmetschergestützten Angeboten für Geflüchtete, die eine Traumatherapie benötigen. Doch die Ressourcen von Refugio sind zu begrenzt – es mangele bereits jetzt an Kapazitäten und die Wartelisten seien lang, so die Information im Kreistag. Man will neue Wege gehen, Gruppenangebote in größerem Umfang machen, bei einer Art Screening den Therapiebedarf ausmachen, Erzieher, Lehrer und Ehrenamtliche einbinden, wo möglich.

Ab dem 1. Juni werden ukrainische Flüchtlinge wie anerkannte Asylsuchende finanziell unterstützt. Um diese Mammutaufgaben überhaupt stemmen zu können, bündeln das Sozialamt und das Jobcenter im Schwarzwald-Baar-Kreis ihre Kräfte.