Wird die Maske künftig auch bei Grippe-Erkrankten zum gewohnten Bild? (Symbolfoto) Foto: goodluz – stock-adobe.com

Da Zahl der Infektionskrankheiten sinkt, wünscht sich Vertreter der Kreisärzteschaft Beibehaltung der AHA-Regeln bei Grippe.

2020 ist die Zahl der Infektionskrankheiten wie Grippe, Masern und Windpocken in Baden-Württemberg um knapp ein Fünftel zurückgegangen. Auch im Kreis Calw sank die Zahl. Adrian Hettwer von der Kreisärzteschaft hofft, dass man daraus für die Zeit nach der Corona-Pandemie lernt – und unter anderem weiter auf Masken setzt.

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Kreis Calw - Laut einer Pressemitteilung der DAK-Gesundheit ging die Zahl der Infektionskrankheiten in Baden-Württemberg im Jahr 2020 um 18 Prozent zurück. Die Krankenkasse beruft sich dabei auf Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI), wonach im vergangenen Jahr landesweit nur 45 000 Fälle wie beispielsweise Grippe, Tuberkulose, Windpocken und Noroviren gemeldet wurden. 2019 waren es in Baden-Württemberg noch 55 000. Die Gründe für den Rückgang sieht die DAK-Gesundheit vor allem bei den Anti-Corona-Maßnahmen der Regierung, die auch einen Einfluss auf die Übertragung von anderen Krankheiten gehabt hätten.

Schon seit 2018 rückläufig

Dieser Trend lässt sich auch im Kreis Calw feststellen. Allerdings: Rückläufig sind die Zahlen bereits seit 2018, so dass sich – anders als von der DAK-Gesundheit angenommen – kein direkter Zusammenhang mit den Anti-Corona-Maßnahmen erkennen lässt. Beispiel Grippe: 2018 registrierte das Gesundheitsamt im Kreis Calw noch 574 Fälle. 2019 sank die Zahl auf 369, im vergangenen Jahr lediglich auf 353. Ähnlich sieht es aus bei den Windpocken, die 2018 im Kreis Calw 139-mal auftraten. 2019 waren es 104 Fälle, 2020 dann 54 Fälle. Dennoch vermutet Tobias Haußmann vom Landratsamt Calw: "Ein Faktor hierfür kann die Kontaktreduktion sowie die vorübergehende Schließung von Einrichtungen wie Schulen und Kindergärten sein."

Patienten selber kuriert?

Dass die Zahl der Infektionskrankheiten – natürlich mit Ausnahme von SARS-CoV-2 – in den vergangenen Monaten rückläufig ist, beobachtet auch Adrian Hettwer von der Kreisärzteschaft in seiner Praxis in der Calwer Lederstraße. "Einerseits ist es natürlich möglich, dass sich ein Teil der Patienten selber kuriert hat, um einen Arztbesuch zu vermeiden, was aber alleine diese rückläufige Entwicklung nicht erklärt", sagt der stellvertretende Vorsitzende der Kreisärzteschaft auf Nachfrage unserer Zeitung. Hettwer geht aber auch davon aus, dass "AHA-Regeln, Home-Office, Reise- und Besuchsbeschränkung, Isolation und Arbeitsverbot als positiver Nebeneffekt auch die üblichen Kontaktinfektionen reduziert haben".

Um diesen positiven Nebeneffekt auch nach der Corona-Pandemie zu haben, hofft Hettwer darauf, dass die AHA-Regeln im Krankheitsfall bestehen bleiben: "Ich würde es zukünftig sehr begrüßen, wenn an einem Virusinfekt erkrankte Menschen der Arbeit fern bleiben und für die Zeit der Infektion eine Maske tragen. Damit könnten viele Infektionen, gerade bei älteren Menschen, zukünftig vermieden werden."

Negativer Nebeneffekt

In Bezug auf andere Krankheiten sorge die Corona-Pandemie im Kreis Calw jedoch auch für einen sehr negativen Nebeneffekt. "Dass Patienten, die chronisch krank sind oder akut schwer erkranken, in der jetzigen Zeit nicht zum Arzt gehen, ist natürlich ein ernsthaftes Problem", meint Hettwer und versichert: "In mir bekannte Arztpraxen und auch in unserer Praxis werden strenge Hygiene-Maßstäbe angelegt. Potentiell infektiöse Patienten werden, nach den Richtlinien des Gesundheitsamtes und des RKI vor einem Praxisbesuch auf Corona anhand einer PCR-Untersuchung ausgetestet. Nur bei negativem Ergebnis wird der Zugang zur Arztpraxis gewährt." Durch die Tests und eventuelle Blutuntersuchungen könne dann unterschieden werden, wer an einem viralen oder bakteriellen Infekt oder an einer Corona-Infektion erkrankt ist. Hettwer: "Daher halten wir Allgemeinärzte es für ganz wichtig, dass sich ernsthaft erkrankte Menschen bei Beschwerden umgehend an ihren Hausarzt wenden und chronisch erkrankte Menschen zu ihren üblichen Kontrollen in den Praxen erscheinen. Alles andere wäre absolut fahrlässig. Und glauben Sie mir, wir Hausärzte tun unser Möglichstes, damit kein Patient durch einen Arztbesuch dem Risiko ausgesetzt wird, an einer Corona-Infektion zu erkranken."