Ein SEK-Einsatz wurde am Donnerstag vor dem Amtsgericht Rottweil verhandelt. (Symbolfoto) Foto: dpa

Ungewöhnliches Zusammenleben in WG führt zu Großalarm in Kreisgemeinde. Gegen Bußgeld wird Verfahren eingestellt.

Kreis Rottweil - SEK ist eine Spezialeinheit der Polizei. Sie wird bei besonderen Gefährdungslagen in Einsatz gebracht. In der Nacht zum 17. Januar 2012 rückte das Kommando von Stuttgart aus in einer Rottweiler Kreisgemeinde an: Geiselbefreiung lautete offenbar der Auftrag. Die Wohnung wurde gestürmt.

Im Nachhinein erwies sich der Sachverhalt aber als deutlich harmloser, das Verfahren gegen einen 69-Jährigen wurde deshalb jetzt gegen Zahlung einer Geldbuße von 1000 Euro eingestellt.

In einer ungewöhnlichen Wohngemeinschaft waren vor zwei Jahren zwei Bewohnern offenbar so die Nerven durchgegangen, dass durch den über eine Bekannte geschlagenen Alarm die besondere Polizeieinheit in Bewegung gesetzt wurde.

Rumäninnen Aufenthalt mit Rundumversorgung versprochen

Wieso sich der ältere Mann dafür hergab, jungen Rumäninnen in seiner Wohnung einen Aufenthalt mit Rundumversorgung zu ermöglichen, kam bei der Verhandlung am Donnerstag vor dem Amtsgericht Rottweil nicht zur Sprache. Obwohl seine jungen Gäste völlig ohne Sprachkenntnisse waren, muss er auch in Aussicht gestellt haben, diesen eine Arbeit zu besorgen. Die frühere Frau des Angeklagten ließ als Zeugin jedenfalls wissen, dass sie glaube, dass ihr Mann sich in seiner Gutmütigkeit habe stark ausnützen lassen und als eigentliches Opfer anzusehen sei.

Eine rumänische Zeugin, die in Deutschland lebt und eine der beiden jungen Frauen aus der "Wohngemeinschaft" kennt, schilderte hingegen, dass sie zwischen 16. und 17. Januar 2012 sehr verängstigt klingende Notrufe aus dem Badezimmer des Mannes erhalten habe. Deshalb habe sie die Polizei alarmiert. Sie habe sich aber auch sehr gewundert, dass ihre überhaupt nicht deutsch sprechende Landsfrau sich hierzulande aufgehalten habe.

Dass die Anklage wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung – der ältere Mann hatte laut eigenem Bekunden bei einer vor allem verbalen Auseinandersetzung einer der Frauen "im Zuge einer Abwehrreaktion" mit dem Handrücken eine Ohrfeige gegeben – nicht aufrechterhalten werden kann, machte der Staatsanwalt am Schluss der Zeugenvernehmung deutlich. Diesen Ball nahm die Richterin dankbar auf. Davor war ausführlich über abgeschlossene Türen und Versöhnungsgesten gesprochen worden. Dass die Frauen eine Pistole in der Wohnung des Mannes zu Gesicht bekamen, fiel gestern ebenfalls nicht strafrelevant ins Gewicht. Treuherzig hatte der Mann mit Verweis auf die auf einem Flohmarkt erworbene Antiquität der Polizei die Waffe ausgehändigt. Die ebenfalls als Zeugen geladenen jungen Frauen, die sich in besagter Nacht als hilflose Opfer zu fühlen schienen – beide inzwischen offenbar wieder in Rumänien beheimatet – waren gestern nicht vor Gericht erschienen.

Von Geldbuße wird Einsatz bezahlt

Auch bei der Geschichte mit dem mutmaßlichen Ladendiebstahl erst vor einigen Wochen in einem kleinen Markt einer anderen Kreisgemeinde galt gestern vor Gericht die Devise, im Zweifel für den Angeklagten. Während der Ladendektiv eindeutig erkannt haben will, dass der ältere Kunde nicht alles, was er "einkaufte", bezahlen wollte, schilderte der 69-Jährige mit treuherzigem Augenaufschlag, dass er wegen voller Hände "Kleinigkeiten" wie Tabak und Sojasoße in die Jacke gesteckt habe und so deren Bezahlung an der Kasse versehentlich unterblieben sei, wie er bei seinem Wagen mit Erschrecken festgestellt habe.

Weil er finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet ist, darf der Mann die Geldbuße in fünf Monatsraten berappen. Normalerweise geht so ein Obolus an gemeinnützige Organisationen. In diesem Fall ist aber die Staatskasse der Empfänger, auch weil damit ein Beitrag zum teuren SEK-Einsatz geleistet werden soll.