In diesem Haus am Weitinger Sonnenberg wurde die 73-jährige Frau von ihrem Mann im Schlaf erwürgt. Foto: Archiv: Hopp

Prozess im Weitinger Mordfall eröffnet. Angeklagter eckte mit vielen Menschen an. Drei psychiatrische Gutachter.

Kreis Rottweil/Eutingen-Weitingen - Die Tat bleibt immer noch unfassbar: Im Dezember hatte ein 68-Jähriger am Weitinger Sonnenberg seine 73-jährige Frau im Schlaf erwürgt. Seit gestern muss er sich am Landgericht Rottweil für seine Tat verantworten. Das Gericht wird bis zur Urteilsverkündung nichtöffentlich verhandeln. Dies hatte der Verteidiger des 68-Jährigen beantragt. Das Gericht beschloss gestern nach dem Verlesen der Anklageschrift, diesem Wunsch stattzugeben. Der psychische Zustand des Angeklagten müsse nicht zuletzt durch die Einschätzungen dreier Gutachter eingehend beleuchtet werden. Zudem sei die Tat in einem privaten Bereich geschehen, so die Begründung des Gerichts zum Ausschluss der Öffentlichkeit.

Laut Staatsanwalt war für den 68-Jährigen die Geburt eines behinderten Kindes mit Down-Syndrom ein schwerer Schlag, mit dem er nicht zurechtgekommen sei. So habe es viele Jahre große Beziehungsprobleme und dabei auch immer wieder sexuelle Übergriffe auf die Ehefrau gegeben.

In der Tatnacht zum 11. Dezember habe der 68-Jährige in einem Fahrzeug in Nähe des Hauses geschlafen. Dann sei er ins Schlafzimmer seiner Frau gegangen und habe der Schlafenden eine Plastiktüte über den Kopf gestülpt, danach die 73-Jährige, die er 1978 geheiratet hatte, mit beiden Händen zu Tode gewürgt. Der Angeklagte hatte nach der Tat die Polizei benachrichtigt und sein Verbrechen gestanden. Angesichts der psychischen Erkrankung des 68-Jährigen sei bei der heimtückischen Tötung aber von einer "ausschließbaren Schuldfähigkeit" auszugehen, heißt es in der Anklageschrift.

Demnach muss sich der 68-Jährige auch keinem Straf- sondern einem Sicherungsverfahren stellen, was ebenfalls darauf hindeutet, dass er seine Tat voraussichtlich nicht im Gefängnis verbüßen, sondern sich auf eine möglicherweise lebenslange Unterbringung in einer geschlossenen Psychiatrie einrichten muss. Der psychisch kranke und dabei offenbar von Wahnvorstellungen geplagte Mann könne juristisch nicht zur Rechenschaft gezogen werden, mutmaßt der Vertreter der Anklage.

Der letzte von insgesamt vier vorgesehenen Verhandlungstagen ist unter dem Vorsitz von Richter Karlheinz Münzer auf den 19. Mai datiert.

Es rumorte bei dem Ehepaar immer wieder gewaltig, wie Nachbarn beobachteten – und das schon seit Jahren. Einmal wurde die in ihren letzten Jahren gehbehinderte Frau gesehen, wie sie blutend zu einer Nachbarin geflüchtet war.

Doch eine gemeinsame Sichtweise schweißte das Ehepaar noch ein stückweit zusammen: Sie – oder zumindest der Mann – fühlten sich von den Nachbarn bedroht. Gegenüber diesen traten die beiden daher als Einheit auf.

Der Mann überzog die Nachbarn mit teilweise bizarren Anschuldigungen. Diese würden ihm die Luft aus den Reifen seines Autos lassen oder Wasser in den Kofferraum des Wagens leeren. Zudem hätten sie Nachschlüssel für die Haustür angefertigt und würden nachts ins Haus eindringen.

Dass die Empörung angesichts solcher Anschuldigungen bei den Nachbarn durch die Bank grenzenlos ist, liegt auf der Hand. In Briefen, in denen er seine Sicht der Dinge darlegte, wandte sich der Angeklagte an die Polizei und an den Weitinger Ortsvorsteher Roland Raible. Doch letztendlich konnte mit seinen Anschuldigungen wenig angefangen werden.

Das Bild, das die Nachbarn von dem 68-Jährigen zeichnen, ist wenig schmeichelhaft. Kontakte seien so gut wie nicht vorhanden gewesen, und wenn, dann habe er die Nachbarn und Mitmenschen belästigt. Er habe Nachbarn beobachtet und fotografiert. Zudem habe der Autonarr bis spät abends lautstark an seinen Gefährten gewerkelt. Immer wieder sei es zu Streitigkeiten und Beschimpfungen gekommen. Mit einem Nachbar gab es gar eine gerichtliche Auseinandersetzung. Auf die Frage an eine Nachbarin, ob sie dem 68-Jährigen einen Mord zugetraut hätte, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen: "Ja."