Unterbringung der Asylbewerber ist Herausforderung. Behörde will keine leer stehenden Häuser aufkaufen.
Kreis Rottweil - Der anhaltende Flüchtlingsstrom bedeutet eine Herausforderung auch für den Landkreis. Schwer ist es vor allem, schnell genug geeigneten Wohnraum für die vielen ankommenden Menschen zu finden.
Wer durch Rottweil schlendert, kommt in den Gassen der Innenstadt an etlichen Häusern vorbei, die zum Verkauf stehen. Manche bereits seit Monaten. Und in der Marxstraße "schläft" ein Bürogebäude vor sich hin, in dem einst das Arbeitsamt untergebracht war. "Wäre das keine möglich Unterkunft für Flüchtlinge?", fragt ein Leser unserer Zeitung. Und ein anderer will wissen, wohin er sich wenden kann, wenn er seine leer stehende Wohnung für Flüchtlinge zur Verfügung stellen möchte. Das Thema treibt die Menschen um, in Rottweil und den anderen Orten im Kreis.
Bernd Hamann, Dezernent für Soziales, Jugend und Versorgung im Landratsamt, hat es derzeit pausenlos mit dem Flüchtlingsthema zu tun. 15 Mitarbeiter sind im Einsatz, kommen kaum hinterher. Und drei Stellen müssen noch besetzt werden.
Im Kreissozialamt gehen die Angebote von privaten Vermietern ein, berichtet Hamann. "Aber zu wenig. Wir hätten gern viel, viel mehr." Denn nicht jede Wohnung, die an den Kreis herangetragen wird, ist geeignet.
Dabei gibt es keine besonderen Ansprüche. "Wohnungen, die sich für Bürger aus dem Landkreis eignen, eignen sich auch für Flüchtlinge", sagt Hamann. Allerdings: Teilt sich normalerweise eine vierköpfige Familie eine Vier-Zimmer-Wohnung, würden mehr Flüchtlinge auf solchem Raum untergebracht, erklärt Hamann. Wie viele genau, das werde vor Ort mit dem potenziellen Vermieter besprochen. Bevorzugt werden große Unterkünfte gesucht.
"Wir richten uns nach den ortsüblichen Mieten", erklärt der Sozialdezernent. Außerdem spiele eine Rolle, wie viele Leute einziehen. Die Kosten für eine Renovierung nach dem Auszug sollen mit der Miete ebenfalls beglichen werden. "Wir versuchen, die Belastung des Vermieters zu sehen."
Von der Pauschale, die der Kreis vom Bund pro Flüchtling erhält – gut 13 000 Euro für einen Aufenthalt von bis zu 18 Monaten – wird unter anderem die Miete bezahlt. In manchen Fällen reicht das, in vielen nicht. Denn auch die medizinische Versorgung muss davon finanziert werden.
Dennoch will mancher Eigentümer offenbar einen Reibach machen. Einer habe eine Miete von 23 Euro pro Quadratmeter verlangt. Laut aktueller Mietwerttabelle für Rottweil und Umgebung liegt der Quadratmeterpreis in Gebäuden (Baujahr 2011 und jünger) in guter Lager, mit Zentralheizung und guter Ausstattung allerdings bei 7,20 Euro. So froh Hamann über Angebote ist: Auf solche und andere unseriösen Angeboten geht er nicht ein. Auch eine Erbengemeinschaft, die dem Landkreis ein baufälliges Haus anbietet, hilft nicht wirklich weiter.
Und warum kauft der Landkreis nicht einfach leer stehende Häuser auf? "Die Anhäufung von Wohneigentum ist nicht unsere Aufgabe", erklärt Bernd Hamann. Auch das ehemalige Arbeitsamtsgebäude gehört nicht dem Kreis. Es sei für die Unterbringung von Flüchtlingen auch nicht geeignet. Darüber hinaus unterstütze zwar die Kreisbaugenossenschaft den Landkreis – ihr gehört beispielsweise das Übergangswohnheim in der Unteren Lehrstraße in Rottweil – aber auch dieser Unterstützung seien Grenzen gesetzt.
Bernd Hamann ist ein Befürworter der dezentralen Unterbringung, wie es im Landkreis der Fall ist: Die Flüchtlinge werden also auf kleinere Wohnungen und viele Gemeinden verteilt, statt sie alle in riesigen Aufnahmestellen einzuquartieren. "Aber das können wir nur so lange umsetzten, so lange wir Wohnungen kriegen."
Im schlimmsten Fall müsste der Landkreis zunächst Flüchtlinge in der Kreissporthalle in Rottweil unterbringen, dann in der in Schramberg. Auch wenn die Hallen vorbereitet werden, ist bislang nicht vorgesehen, sie tatsächlich dafür zu nutzen. Dabei war das in Rottweil schon einmal der Fall: Kurz vor der Wende kamen Flüchtlinge aus der DDR dort unter, auch damals fiel der Sportunterricht aus. Stattdessen sollten die Schüler mit den Flüchtlingen ins Gespräch kommen.
Das leer stehende Schramberger Krankenhaus steht dagegen nicht als potenzielle Unterkunft zur Debatte, die Stadt Schramberg hat es an einen Schweizer Investor verkauft. Dafür hat sie dem Landkreis einige Wohnungen angeboten. Daran hapert es beispielsweise in Vöhringen: Der dortige Gemeinderat hat deshalb erst am Montagabend beschlossen, dass die Verwaltung notfalls bis Ende der Woche Container anmieten soll, um Unterkünfte für bis zu 40 Personen zu schaffen.
Bisher gebe es von Vermietern, die Flüchtlingen ein Zuhause geben, in der Regel keine negativen Rückmeldungen, sagt Bernd Hamann. Er hat gerade Nachricht aus Sulz-Glatt erhalten. Dort sind knapp 50 Flüchtlinge in einer Pension untergebracht. "Es läuft gut", sagt Bernd Hamann.
Weitere Informationen: Wer dem Landkreis eine Mietwohnung anbieten möchte, der kann sich bei Klaus Entreß, Telefon 0741/ 24 42 60, melden.