Überstunden im Gastgewerbe müssen rechtlich ausgeglichen werden. (Archivfoto) Foto: MNStudio/Fotolia.com

Deutscher Hotel- und Gaststättenverband weist Kritik der Gewerkschaft NGG zurück.

Kreis Freudenstadt - Zu oft Mehrarbeit für lau? Der Kreisverband Freudenstadt des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) weist die Kritik der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) zurück.

Die NGG hatte die Zahl der Überstunden, die 2018 im Gastgewerbe im Kreis geleistet wurden, mit 85.000 beziffert. Die Gewerkschaft bezog sich in der Behauptung auf eine Hochrechnung des Pestel-Instituts, die offenbar auf dem deutschen Branchendurchschnitt beruht. 45 Prozent der Überstunden seien unbezahlt, 42 Prozent der Beschäftigten in der Gastronomie Minijobber auf 450-Euro-Basis.

"Den Pauschalvorwurf der NGG gegen das Gastgewerbe weisen wir zurück. Er ist in höchstem Maße ungerecht gegenüber der großen Mehrheit der Unternehmer, die Tag für Tag mit ihren Mitarbeitern für ihre Gäste da sind, ihr Bestes leisten und sich korrekt verhalten", so der Dehoga-Kreisvorstand. Die NGG stütze ihre Vorwürfe auf eine Erhebung, die sie selbst in Auftrag gegeben habe. "Dies sollte bei der Bewertung der NGG-Behauptungen zumindest mit berücksichtigt werden", so Beate Gaiser, Dehoga-Vorsitzende.

Arbeitsplätze im Gastgewerbe sind gestiegen

Es gebe Fakten, die gegen die NGG-Behauptungen sprächen: So habe das Gastgewerbe in Baden-Württemberg die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze seit 2010 von 100.000 auf aktuell 132.000 gesteigert. "Ein Plus, das klar für die Attraktivität der Arbeitsplätze im Gastgewerbe spricht", so Gaiser. Diese lässt sich auch an der Entwicklung im Kreis Freudenstadt ablesen: Hier sei die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze im Gastgewerbe im selben Zeitraum von 2502 auf 2843 gestiegen, jeweils zum Stichtag 30. Juni.

Die Forderung von NGG-Geschäftsführer Claus-Peter Wolf, das Gastgewerbe soll endlich mehr Menschen regulär beschäftigen, ist daher "völlig unangebracht". Wenn die Arbeitsbedingungen in der Branche tatsächlich so unattraktiv wären, ließe sich ein solcher Beschäftigungszuwachs nur schwer erklären, zumal der Arbeitsmarkt insgesamt gut für Beschäftigte sei.

"Unstrittig ist: Überstunden müssen ausgeglichen werden", so Gaiser. Dafür bestünden klare rechtliche Regelungen im Gesetz und in den Tarifverträgen. Unter bestimmten Bedingungen könnten Überstunden bereits im Monatslohn enthalten sein. Sei das nicht der Fall, müssten sie mit Freizeit ausgeglichen oder mit Geld vergütet werden.

Wunsch vieler Mitarbeiter

Zur Forderung des Dehoga, das Arbeitszeitgesetz zu reformieren und flexibilisieren, vertritt Gaiser den Standpunkt: "Es geht weder um ein Durchlöchern des Arbeitszeitgesetzes noch um eine generelle Ausweitung der täglichen Höchstarbeitszeit auf 13 Stunden."

Die Betriebe hätten gar kein Interesse daran, ihre Mitarbeiter täglich 13 Stunden arbeiten zu lassen. Es gehe nicht um Mehrarbeit, sondern um die Anpassung des Arbeitszeitgesetzes an die Lebenswirklichkeit. Die Flexibilisierung der starren täglichen Höchstarbeitszeit werde dringend benötigt, um auf die branchentypischen "Lastschwankungen" reagieren zu können.

Flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten entsprächen "im Übrigen auch dem Wunsch vieler Mitarbeiter". Die aktuell geltenden gesetzlichen Ruhe- und Pausenzeiten für Arbeitnehmer sollen dabei nicht verkürzt oder verändert werden.