Vielerorts im Kreis expandieren die Betriebe derzeit, wie hier in Peterzell. Allerdings fahren die Unternehmen offenbar die Investitionen zurück. Foto: Rath

Förderer Ralf Bohnet zieht nach erstem Jahr Bilanz. Fachkräfte-Suche großes Thema.

Kreis Freudenstadt - Neue Firmen anzulocken, ist eine schöne Sache. Im Zweifel ist es allerdings erfolgversprechender, das zu pflegen und weiterzuentwickeln, was bereits da ist. Diese Strategie verfolgt Ralf Bohnet. Seit rund einem Jahr ist er Wirtschaftsförderer des Landkreises.

Seine erste Bilanz legte Bohnet dem Kreistag am Montag vor. Sein Credo trifft auch auf ihn selber zu: Er stammt aus Waldachtal und war jahrelang mit eigenem Betrieb am Markt und in der Handwerkskammer engagiert. Aus der Runde erhielt er Lob: für seine Arbeit, seine Vorhaben und die akademische Zusatzqualifikation, die er für seine neue Aufgabe absolviert hat.

Bohnet ist offenbar gut verdrahtet, hält Kontakt zu Firmen und Institutionen wie der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald, Netzwerken wie Digital Hub und RegioInno, den zuständigen Stellen auf Landes- und Bundesebene sowie Industrie- und Handelskammer und Handwerkskammer. Darüber hinaus unterstütze er Städte und Gemeinden im Kreis in Fragen der Wirtschaftsförderung und kümmere sich um Existenzgründer-Beratung.

Der Kreis mit aktuell rund 117.500 Einwohnern verzeichnet seit 2011 ein Bevölkerungsplus von rund zwei Prozent, aber der Altersdurchschnitt steige. Rund 50 000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte gibt es im Kreis, wobei die Zahl der Auspendler die der Einpendler um etwa 3900 übersteige. Für Bohnet "nicht unbedingt negativ" zu sehen, da die meisten Arbeitnehmer Richtung Stuttgart und Böblingen mit den großen Unternehmen unterwegs sind.

Den Kontakt zu örtlichen Betrieben hält der Landkreis weiter; mit 15 Firmenbesuchen alleine in diesem Jahr, dem Handwerkervesper oder Infoveranstaltungen. Mit dabei war der Wirtschaftsförderer mit weiteren Vertretern aus dem Kreis bei Messen in München, Stuttgart, Berlin und Stuttgart.

Automotive verunsichert

Aktuell arbeite er an einer Imagekampagne zum Standortmarketing, einer digitalen Plattform für Ferienjobs und Praktika und Ideen, um Fachkräfte anzuwerben und ihnen beim Start im Landkreis zu helfen. Beim ersten Azubi-Speed-Dating am 8. November in Kur- und Kongresszentrum Freudenstadt seien rund 50 Firmen dabei. Es soll künftig im jährlichen Wechsel mit Horb stattfinden.

Darüber hinaus gab es einen Themenabend für Betriebe, um Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sich Flüchtlinge beschäftigen lassen. Was ihn antreibt, ist auch die Frage, wie man junge Leute nach Studium oder Ausbildung zu einer Rückkehr in den Kreis bewegen könnte.

Viel Zeit nehme auch die Beratung in Anspruch, um an Geld aus Fördertöpfen zu kommen. 64 Anträge zum Entwicklungsprogramm ländlicher Raum (ELR) seien begleitet worden, die Summe von 3,5 Millionen Euro bewilligter Zuschüsse am Ende nannte Bohnet eine ordentliche Summe". Themen, die Bohnet angehen will, seien Fachkräfte, Ausbildung, Mobilität, eine Imagekampagne sowie Firmengründung und Betriebsnachfolge.

Zur aktuellen Lage der Wirtschaft im Kreis sagte Bohnet, dass sich eine Abkühlung der Konjunktur abzeichne. Für die einen sei es nach Jahren des ständigen Wachstums eine "Phase der Normalisierung". Andere hätten mehr Sorgen. Die Folgen von Handelskonflikten und Brexit kämen auch im Kreis an. Von den 35 Unternehmen, die aktuell Kurzarbeit beantragt haben, hätten drei ihren Sitz im Kreis Freudenstadt. Er selbst stufe die Lage als "noch stabil" ein. Zu beobachten sei jedoch, dass Unternehmen ihre Investitionen drosseln.

Vor allem Zulieferer der Automobilindustrie seien verunsichert und verhielten sich abwartend. Andererseits sehe er Bedarf für weitere Gewerbeflächen, deren Ausweisung jedoch Aufgabe der Städte und Gemeinden sei. Neue Gewerbeflächen müssten nicht zwingend mit Flächenverbrauch einhergehen.