Nicht anfälliger als die "Air-Force One": die "Theodor Heuss" der Flugbereitschaft. Foto: Pedersen

Ehemaliger Soldat der Flugbereitschaft spricht über Ausfälle von Regierungsmaschinen.

Kreis Freudenstadt - Mit der Flugbereitschaft los und mit Linie nach Hause: Ausfälle von Maschinen der Kanzlerin und anderer Regierungsmitglieder lösten in Medien Spott und kritische Fragen aus. Lacht die Welt über Deutschland? Nein, sagt Rudi Henn aus Freudenstadt. Er diente bis zur Pensionierung bei der Flugbereitschaft. Anderen Regierungen geht es auch nicht besser, sagt er. Bloß kriegt das kaum einer mit.

Herr Henn, ist die Flotte der Flugbereitschaft unserer Regierung altersschwach oder gar Schrott?

Die Langstreckenmaschinen vom Typ Airbus sind schon in die Jahre gekommen. Es sind ehemalige Lufthansa-Maschinen. Aber nach dem Umbau und Einbau von diversen Sicherheitseinrichtungen sind sie auf dem neusten Stand der Technik. Die vier Mittelstreckenjets vom Type Bombardier Global 5000 sind neueren Datums, ebenso die drei Hubschrauber Eurocopter Cougar AS 532. Auch diese Maschinen sind in einem einwandfreien Zustand. Für die fünf Airbus-Flugzeuge vom Typ A310, die für Truppen-, Fracht- und Krankentransporte und zur Luftbetankung vorhanden sind, gilt die gleiche Aussage. Einem Schrottflugzeug würde kein Techniker die Startfreigabe geben, und kein Pilot würde damit fliegen – schon aus eigenem Interesse! Durch den Einsparungskurs der Regierung fehlten leider in den vergangenen Jahren weitere Flugzeuge und vor allem geschultes Personal.

Wie kommt es, dass eine Reihe von Maschinen auf Dienstreisen ausfiel?

Ein normaler Airbus besteht durchschnittlich aus drei Millionen Teilen. Dieses komplexe System Flugzeug muss bei extremen Außentemperaturen, Druckschwankungen, schweren Lasten und Erschütterungen bei Start und Landung einwandfrei funktionieren. Obwohl jedes wichtige System doppelt vorhanden ist, kommt es doch immer wieder zu technischen Ausfällen. Ein Ventil klemmt, eine Druckleitung ist undicht, ein Instrument zeigt falsche Werte an, das Funkgerät fällt aus – und schon darf das Flugzeug nicht mehr weiterfliegen. Jedem Vielflieger ist es schon passiert, dass der Flug wegen einem technischen Defekt Verspätung hatte oder ganz ausfiel.

Was denken Sie, wenn solche Meldungen durch die Medien gehen? Oh nein, bitte nicht schon wieder?

Bei Dienstreisen der Regierung fliegt oft die Presse mit. Da ist es natürlich ein großes Thema, wenn ein Flugzeug zwischenlanden oder ganz am Boden bleiben muss. Wenn der Bundespräsident wegen einem sogenannten Druckluftproblem drei Stunden mit seiner Delegation in einem Hotel in Addis Abeba festsitzt, lacht angeblich die ganze Welt über Deutschland. Ich finde, die Instandsetzung ging doch sehr schnell. Es befinden sich bei solchen Reisen schließlich keine Techniker oder Ersatzteile an Bord.

Was halten Sie von Theorien, es handele sich um Sabotageakte?

Nichts! Die Flugzeuge werden Tag und Nacht bewacht. In den Sicherheitsbereich dürfen nur Soldaten mit Sonderausweis wie Techniker, Bordservice und Piloten. Wenn der Bundeskanzler oder der Präsident fliegen, wird die Maschine zusätzlich durch Techniker überprüft und dann verschlossen. Im Ausland sind die Maschinen grundsätzlich verschlossen und bewacht.

Passiert es anderen Regierungen auch, dass ihre Maschinen streiken?

Selbstverständlich! Nur wird dies nicht an die große Glocke gehängt. Große Länder wie die USA, Russland oder China lassen teilweise gleich eine Ersatzmaschine mitfliegen. Kleinere Länder fliegen Linie oder mit Chartermaschinen.

Wie oft kommen technische Ausfälle bei Maschinen für die Bundesregierung vor?

Laut Aussage des Pressesprechers der Flugbereitschaft waren in den vergangenen zwei Jahren bei 1600 Einsatzflügen 18 technische Ausfälle zu verzeichnen. Das sind weniger als zwei Prozent. Außenminister Heiko Maas hat in den zehneinhalb Monaten im Amt 280 000 Flugkilometer ohne eine Panne zurückgelegt.

Wie muss man sich als Laie die Wartung eines Linienflugzeugs vorstellen?

Die Wartungsintervalle werden vom Hersteller festgelegt. Vor jedem Start und nach jedem Flug gibt es Sicht- und Funktionskontrollen durch die Technik und das fliegende Personal. Nach bestimmten Flugstundenzahlen erfolgt eine größere Wartung in der Halle über mehrere Tage durch die Technik laut einem Wartungsplan. Dabei werden auch Geräte und Bauteile ersetzt, die ihre Standzeit erreicht haben. Jede Arbeit muss der Flugzeugmechaniker dokumentieren. Bei wichtigen Arbeiten muss ein Prüftechniker die Arbeiten noch zusätzlich abnehmen. Die großen Wartungen erfolgen beim Hersteller oder in einer Lufthansa-Werft. Hierbei wird das Flugzeug mehr oder weniger komplett auseinandergebaut. Diese Arbeiten können mehrere Monate dauern.

Würden Sie selbst bedenkenlos an Bord einer Maschine der Flugbereitschaft gehen?

Selbstverständlich, ohne das geringste Bedenken. Leider ist dies ohne Einladung der Bundesregierung nicht möglich.