Nicht nur am Nagolder Anker-Beach wird’s Sonntag wohl wieder voll und spät. Viele müssen am Montag früh raus.
Kreis Calw - Großer Jubel über das 7:1 der deutschen Nationalmannschaft gegen die Brasilianer im Halbfinale. So richtig fassen kann den historischen Sieg immer noch keiner, aber er bringt doch irgendwie Schwung in den Alltag.
Ganz schön müde sind einige Schüler des Otto-Hahn-Gymnasiums Nagold trotzdem. Es könnte aber schlimmer kommen: Die fußballbegeisterte Schulleitung hatte zumindest den Fünft- bis Siebtklässlern eingeräumt, dass sie nach dem Halbfinale erst um 9 Uhr zum Unterricht erscheinen müssen. Bereits beim Viertelfinale hatte man so entschieden, erzählt stellvertretender Schulleiter Ulrich Hamann. "Die ausgefallenen Stunden werden bei Gelegenheit nachgeholt." Das sei besser, als vor lauter übermüdeten Schülern zu stehen. "Sie gucken ja doch", meint Hamann und lacht.
Die größeren Schüler hätten es klaglos weggesteckt, dass ihnen kein späterer Schulbeginn eingeräumt wurde – ganz nach dem Motto: "Wer feiern kann, kann auch zur Schule." Dieses Motto müssen sich am Montag nach dem Finale wohl auch die jüngeren Schüler zueigen machen. Denn dieses Mal soll der Unterricht zur üblichen Zeit anfangen. "Das Spiel am Sonntag beginnt schon um 21 Uhr, und wir gehen davon aus, dass die Deutschen das wieder ohne Verlängerung machen", so Hamann. Die Euphorie über den Weltmeistertitel lasse die Schüler die Müdigkeit dann auch besser wegstecken, zeigt sich der fußballbegeisterte Pädagoge optimistisch. Bleibt zu hoffen, dass er richtig liegt. Beim Fußball-Tipp des Lehrerkollegiums liegt er jedenfalls mit Platz 17 im guten Mittelfeld, aber eben dennoch weit abgeschlagen von den Kolleginnen, die die ersten Plätze belegen.
Einen späteren Schulbeginn nach dem Finale gibt es auch am Maria von Linden-Gymnasium in Calw-Stammheim nicht. Gab es auch zuvor nicht. Schon weil es schwierig gewesen wäre, die Schulbusse umzudisponieren, wie der stellvertretende Schulleiter Roland Erben erläuterte. Allerdings gilt weiter die Regelung, dass nach späten Spielen der deutschen Mannschaft in den ersten beiden Stunden keine Klassenarbeiten geschrieben werden.
Gleitzeitregelungen erlauben es den Mitarbeitern der Holzma GmbH in Calw-Holzbronn, morgens später kommen zu können. Zu Ablaufstörungen führe das nicht, sagte Personalchef Günter Gegenheimer. Auch gebe es manche mit einer ausgeprägt guten Konstitution, die auch nach langen Fußballabenden früh am Arbeitsplatz sind. Zumal Siege der deutschen Mannschaft zusätzlich motivieren, wie Gegenheimer feststellt.
Zu einem Public Viewing anlässlich einer der früheren Spiele der deutschen Elf hatte Börlind seine Mitarbeiter ins Hotel Therme Teinach eingeladen. Dort unterhält der Calwer Naturkosmetikhersteller eine Schönheitsfarm. Geschäftsführer Michael Lindner ließ sich nicht lumpen und gab eine Runde Bier aus, so Pressesprecherin Silva Imken.
Und wie steht es so kurz vor dem Finale mit den begehrten Fanartikeln? Bei Intersport Schlegel in Calw sind Trikots der deutschen Mannschaft nahezu ausverkauft. Da lasse sich jetzt auch nichts mehr nachbestellen, sagte Geschäftsführer Stefan Rübsam. WM-Bälle gebe es ebenfalls keine mehr. Insgesamt sei das Geschäft mit diesen beiden klassischen Artikeln hervorragend gelaufen. Viele Kunden nehmen nach wie vor den Service in Anspruch und lassen sich ihre Trikots mit Spielernamen bedrucken. Thomas Müller steht, so Rübsam, derzeit besonders hoch im Kurs.
Die Ballkunst von Müller und Co. lässt sich am Sonntag auch wieder beim Public Viewing am Anker-Beach in Nagold verfolgen. Dort gibt es Platz für 1500 Leute. Einziges Manko: Eintritt voraussichtlich wieder erst ab 18. Doch Organisator Manuel Schittenhelm ist sich sicher: "Am Sonntag wird die Stadt voll sein." Fürs Finale sei außerdem eine Überraschung geplant – mehr werde nicht verraten. Hauptsache, Deutschland wird Weltmeister. Und da sieht Manuel Schittenhelm kein Problem: "Bei normaler Form dürfte da nichts anbrennen."
