Deutsch-chinesische Begegnung an der "Huaian Senior Vocational & Technical School" Foto: Knörle

Delegation besiegelt Partnerschaft mit Millionenstadt Huaian. Berufsschüler sollen Erfahrungen in der Volksrepublik sammeln.

Kreis Calw/Huaian - Für Berufsschüler aus dem Kreis Calw wird ein Partnerschaftsaustausch mit China bald zur Selbstverständlichkeit werden. Landrat Helmut Riegger hat für sie mit einer Delegationsreise das Tor in das Riesenreich aufgestoßen – gegen alle Widerstände.

Eigentlich hatte der zuständige Kreistagsausschuss vor wenigen Wochen Rieggers Pläne durchkreuzt und opferte diese geplante Initiative, die den Schülern im Kreis die internationale Wirtschaftskraft und die Dynamik Chinas vor Augen führen sollte, dem allgemeinen Sparzwang. Riegger scherte sich nicht drum und finanzierte die Reise aus anderen Töpfen.

Er weiß aus seinen vielen Gesprächen mit Unternehmern aus der Region, welche Rolle das Reich der Mitte auch für den Kreis Calw spielt. Viele Unternehmen haben hier ihre Dependancen. Häfele zum Beispiel. Der weltumspannende Konzern mit Sitz in Nagold hat genau so wie die Firma Kurz Elektronik, ein mittelständisches Unternehmen mit Sitz in Althengstett, oder das Calwer Unternehmen Seuffer, einem Zulieferer in den Bereichen Weiße Ware, Nutzfahrzeuge und Pkw, eine verlängerte Werkbank in Schanghai.

Riegger stattete allen drei Niederlassungen vor Ort einen Besuch ab. Und er bekam immer dasselbe zu hören: Mehr denn je müssten sich die jungen Menschen hierzulande weltoffen zeigen. Oder wie es Landrat Helmut Riegger ausdrückt: "Wir dürfen keine Angst vor China haben, sondern sollten vielmehr erkennen, dass hier Arbeitsplätze bei uns zu Hause gesichert werden können. China – das ist unsere verlängerte Werkbank und eine industrielle Macht."

"Auszeichnung für unsere beruflichen Schulen"

Um diese Chancen, die sich mit einer deutsch-chinesischen Kooperation eröffnen, zu nutzen, reiste der Kreischef in Begleitung seines Ersten Landesbeamten Frank Wiehe sowie von Lehrern und Schulleitern der Beruflichen Schulen durch die baden-württembergische Partnerprovinz Jiangsu und auf Empfehlung des baden-württembergischen Kultusministeriums in die Stadt Huaian, mit 5,2 Millionen Einwohnern mehr als 30 mal so groß wie der gesamte Landkreis Calw.

Aber Huaian hat eine Besonderheit, das es für eine Partnerschaft geradezu prädestiniert: In dessen Berufsschule, die mit 3500 Schülern und 430 Lehrkräften mehr einem Uni-Campus denn einer Schule gleicht, wird das Duale Ausbildungssystem eingeführt – eben die parallele Ausbildung in Betrieb und Berufsschule, die in Deutschland zu einem Erfolgsmodell geworden ist.

Bei der Gelegenheit weihte Riegger als Ehrengast gleich das Duale Ausbildungszentrum in Huaian mit ein – übrigens das zweite in China. Er traf sich mit Schulleitern, dem Bürgermeister und Parteifunktionären und unterschrieb eine Partnerschaft, die einen regelmäßigen Austausch zwischen Schülergruppen der beiden Gewerblichen Schulen zum Ziel hat.

Erster Gegenbesuch bereits in diesem Jahr

Jedes Jahr sollen 20 Schüler aus dem Nordschwarzwald für eine Woche die Volksrepublik besuchen und dort wichtige Erfahrungen sammeln können. "Wir müssen junge Leute dafür gewinnen, dass sie solche Chancen wahrnehmen", erklärte Riegger am Donnerstag, kurz vor seiner Rückreise, im Gespräch mit unserer Zeitung.

Für ihn ist diese Partnerschaft zugleich eine "Auszeichnung und ein Qualitätsmerkmal für unsere beruflichen Schulen." Der Landkreis Calw gehört mit zu den ersten drei Kreisen in Baden-Württemberg, die eine solche Partnerschaft mit dem Reich der Mitte vorangetrieben haben.

Von der Aufbruchstimmung begeistert zeigte sich auch der Schulleiter der Johann-Georg-Doertenbach-Schule Calw, Michael Niedoba. Er hat mit seinen chinesischen Kollegen vor Ort mehrere Ansätze für eine Kooperation besprochen. Auch Thomas Rambacher, Lehrer an der gewerblichen Rolf-Benz-Schule in Nagold, ist auf großes Interesse seitens der Chinesen insbesondere an der dualen Ausbildung gestoßen.

Noch in diesem Jahr sollen Vertreter der Schule aus Huaian dem Kreis Calw einen Gegenbesuch abstatten.