Das Calwer Krankenhaus Foto: Fritsch

Corona-Fälle in Kreiskliniken steigen seit Anfang Mai wieder leicht an. Klinikverbund steht Rede und Antwort.

Kreis Calw - Sie sind Dreh- und Angelpunkt bei der Bewältigung der Corona-Krise in der Region – die Krankenhäuser in Nagold und Calw. Weshalb der zuständige medizinische Geschäftsführer des Klinikverbunds Südwest, Jörg Noetzel, zum Rapport in die VWA-Sitzung des Kreistags geladen war.

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Die Mitglieder des Verwaltungs- und Wirtschaftsausschusses (VWA) sollten aus erster Hand erfahren, wie es bisher so lief im eigentlichen Epi-Zentrum der Pandemie in der Raumschaft. Die vielleicht wichtigste Information dabei: Die konkrete Entwicklung der Corona-Fallzahlen in den beiden Kreisklinken – in den letzten Wochen und aktuell. Wobei der höchste "Peak" bei den positiv getesteten Corona-Erkrankungen Anfang April (über 30 Erkrankte in den Kliniken) zu verzeichnen war, bei einer gleichzeitig geringen Zahl an Verdachtsfällen (weniger als zehn).

Verhältnis hat sich gedreht

Mittlerweile hat sich dieses Verhältnis gedreht. Die bisher niedrigsten Werte gab es am 6. Mai, mit vier "Covid-19"-Erkrankten und sechs Verdachtsfällen. Seitdem sind die Zahlen jedoch wieder leicht angestiegen – auf bis zu fünf Erkrankte (10. Mai) und bis zu zwölf Verdachtsfälle (8. Mai), was offensichtlich der allgemeinen Lockerungen der Corona-Maßnahmen und der Wiedereröffnung des Einzelhandels geschuldet sein dürfte. Trotzdem das Fazit von Noetzel: "Die Krise konnte bisher geordnet bewältigt werden."

Allerdings hatte Noetzel auch diese Zahlen im Gepäck – die ein wenig von den dramatischen Bedeutungen hinter der schnöden Statistik erahnen lassen: Die Sterblichkeit wegen und mit Corona lag in den zurückliegenden Wochen in den Kreiskliniken Calw – gerechnet auf alle Erkrankten – bei rund 20 Prozent. Allerdings liegt der Wert bei den positiv auf Covid-19 getesteten Patienten, die auf den Intensivstationen behandelt (und beatmet) werden mussten, bei (erschreckend hohen) 72 Prozent. Da mag es etwas trösten, dass sowohl die Intensivstation in Nagold, als auch in Calw, in der vergangenen Wochen nie an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen sind. Die (erste) Welle der Pandemie verlief insgesamt weniger dramatisch als ursprünglich befürchtet. Und weniger schlimm als in anderen (europäischen) Ländern.

Häuser wollen auf mögliche zweite Welle vorbereitet sein

Weshalb es nun darum gehe, die Kapazitäten in den Klinken so zu planen, dass sie einerseits den "normalen" Regelbetrieb wieder gewährleisten können. Aber auch ausreichend auf die fest erwartete "zweite Welle" der Pandemie vorbereitet sind. Dazu gehöre auch – da waren sich Mediziner Noetzel und Calws Landrat Helmut Riegger einig – dass man die aktuelle Planung etwa für den Klinikneubau in Calw und den -ausbau in Nagold in Hinblick auf die jetzt in der Corona-Krise gemachten Erfahrungen und "Lektionen" überprüfe und gegebenenfalls diese Planungen "anpasse". Jetzt "können wir das noch", so Riegger, da man noch in der Umsetzungsphase für diese Bauprojekte sei.

Eine andere Seite des Themas: Die bisherigen Kosten der Pandemie, in diesem Fall die aufgelaufenen (massiven) Mehrkosten für den Betrieb der Kreiskrankenhäuser im Bäderkreis. Die belaufen sich für die Standorte Calw und Nagold aktuell auf rund 560 .000 Euro monatlich; für den Klinikverbund Südwest insgesamt sogar auf 2,9 Millionen Euro im Monat. Ursache sind vor allem der Einbruch bei den normalen Regelerträgen aus stationären und ambulanten Behandlungen (die teilweise jedoch vom Bund ausgeglichen werden), aber auch die erheblichen Mehrkosten etwa für Schutzausrüstungen für die Mitarbeiter schlagen deutlich negativ zu Buche.

Massive Preisaufschläge bei Schutzausrüstung

Noetzel konnte hier zeigen, dass allerdings nicht nur die auf einmal benötigte schiere Menge an Schutzmasken, -anzügen und Desinfektionsmittel die Kasse von Klinikverbund und Kreiskliniken belasteten. Sondern dass auch massive Preisaufschläge auf die Produkte um im Durchschnitt das 6,5-Fache erheblich zu den finanziellen Mehrausgaben beitrugen. Allein rund fünf Millionen Euro mehr seien so für den Corona-bedingten "medizinischen Fachbedarf" (an medizinischen Verbrauchsgütern) in den letzten Wochen ausgegeben worden, weitere 3,3 Millionen Euro im "investiven Bereich" – also zum Beispiel für die Beschaffung von Beatmungsgeräten. Von denen wiederum rund 765 000 Euro auf die beiden Calwer Kreiskliniken entfielen.

Vor diesem Hintergrund sei man seit gut zwei Wochen wieder dazu übergegangen, den "Normalbetrieb" in den Häusern des Klinikverbunds wieder hochzufahren – wobei gemäß einer Vorgabe des Bundesgesundheitsministeriums (mindestens) 30 bis 35 Prozent der aktuellen Intensivplätze weiterhin für Covid-19-Patienten frei- und vorgehalten werden müssten. Ab kommender Woche, so Noetzel, würden auch wieder Besucher in den Krankenhäusern zugelassen werden – wobei erst einmal gelte: "Maximal ein Besucher pro Patient." Die strengen Hygiene-Regeln in den Häusern würden dabei zu beachten sein – mit Mund-Nasen-Schutzmaskenpflicht für alle in den Gebäuden. Außerdem gebe es an den Eingängen eine Temperaturmessung für jeden, der die Gebäude betreten wolle (und dürfe).

Zum Abschluss formulierte Jörg Noetzel dann auch noch eine politische Forderung – in Richtung der Landes- und Bundesregierung: Es müsse "auf politischer Ebene nachgesteuert werden", da die bisher für die Krankenhäuser im Land gewährten Zuschüsse aus dem Krankenhaus-Entlastungsgesetz "voraussichtlich nicht ausreichen werden", um die tatsächlichen Mehrkosten und Defizite durch die Corona-Krise zu stemmen. Hier müsse es deutlich größere Anstrengungen von Bund und Land geben, um die öffentlichen Kliniken in der Fläche nicht mit den Folgen der Pandemie alleine zu lassen.