Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Christian Wulff Foto: AP

Rückendeckung für Wulff: Merkel versichert dem Bundespräsidenten ihre Unterstützung.

Berlin/Pristina - Rückendeckung für Christian Wulff: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat dem seit einer Woche in der Kritik stehenden Bundespräsidenten am Montag noch einmal klar und deutlich ihre Unterstützung versichert. „Der Bundespräsident macht eine hervorragende Arbeit, und das, was im Raume steht, wird von ihm persönlich aufgeklärt“, sagte Merkel am Rande eines Besuchs der Bundeswehrsoldaten im Kosovo. „Ansonsten hat der Bundespräsident mein vollstes Vertrauen.“

Anwälte legten unterdessen Unterlagen zu dem umstrittenen 500.000-Euro-Kredit vor, den eine Unternehmer-Gattin dem Ehepaar Wulff 2008 für den Kauf eines Hauses gewährt hat. In einer Berliner Anwaltskanzlei waren die Vertragstexte für Journalisten einzusehen. Am Sonntag hatte Wulff über seine Anwälte zudem eine Liste von Urlauben veröffentlichen lassen, die er als Regierungschef in Niedersachsen bei befreundeten Unternehmern gemacht hat.

Merkel begrüßt Aufklärung

Merkel begrüßte die Offenlegung der Verträge. „Deshalb glaube ich, dass es wichtig ist und richtig ist, dass heute auch bestimmte Dokumente eingesehen werden können, und dass alles für die Aufklärung getan wird“, sagte die Kanzlerin. Während Wulff auch von weiteren Unions- und FDP-Politikern Rückendeckung bekam, verlangte die SPD vom Bundespräsidenten persönlich vollständige Aufklärung über dessen frühere enge Beziehungen zu Unternehmern.

Kritik von der Opposition

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte, es zeuge von einem „merkwürdigen Amtsverständnis“, dass Wulff sich in seiner Zeit als Ministerpräsident fast jedes Jahr zu Urlauben von Freunden habe einladen lassen. Man lerne schon in der Jungen Union, dass man so etwas nicht machen dürfe. Die Öffentlichkeit habe ein Anrecht auf ein „klares, persönliches Wort“ des Staatsoberhaupts.

Auch Grünen-Geschäftsführerin Steffi Lemke sagte der „Welt“, die Erklärungen des Bundespräsidenten reichten nicht aus. „Es geht nicht um die Frage, ob Christian Wulff persönlich sein Vorgehen verantworten kann, sondern ob sein Vorgehen mit seinem Amt als Ministerpräsident vereinbar war und mit seinem Amt als Bundespräsident zu vereinbaren ist.“ An diesem Dienstag beschäftigt sich in Niedersachsen der Ältestenrat des Landtags mit dem Fall.

Alt-Bundespräsident Scheel: Debatte versachlichen

Alt-Bundespräsident Walter Scheel rief dazu auf, die Debatte über Wulff zu versachlichen. Die Vorwürfe könnten zwar thematisiert werden, sagte der 92-Jährige der dpa. „Und ich möchte auch nicht Partei ergreifen.“ Der Bundespräsident habe aber ein Recht auf faire Berichterstattung und mehr Respekt. Dies sei derzeit nicht der Fall.

FDP-Bundesvize Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte im Bayerischen Rundfunk: „(...) Es ist nicht eine Affäre Wulff.“ Rücktrittsforderungen nannte die Bundesjustizministerin „ganz vereinzelte Stimmen“. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Erwin Lotter hatte Wulff den Rücktritt nahegelegt.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Peter Altmaier (CDU), sieht in Wulffs Veröffentlichung seiner Urlaubsreisen einen wichtigen Schritt zur Aufklärung. „Im Übrigen ist es auch nicht sensationell, sondern etwas, was ausdrücklich zulässig ist, was auch andere hochrangige Politiker in Anspruch genommen haben in den vergangenen Jahren, zum Teil durch dieselben Einlader“, sagte er in der ARD-Sendung „Günther Jauch“.

Gratis-Urlaube bei Freunden

Wulff wird unter anderem kritisiert, weil er 2010 als Ministerpräsident im Landtag den Kredit von Edith Geerkens nicht erwähnte, als er nach seinen Geschäftsbeziehungen zu deren Mann Egon gefragt wurde. 2009 verbrachten Christian und Bettina Wulff ihren Weihnachtsurlaub in der Geerkens-Villa in Florida. Auch 2003 und 2004 machte Wulff nach der Liste seiner Anwälte mit seiner damaligen Frau Christiane beim Ehepaar Geerkens in Spanien Urlaub. Die Liste enthält zwischen 2003 und 2010 insgesamt sechs Urlaube bei Freunden in Spanien, Italien, auf Norderney und in Florida, für die Wulff nichts bezahlte.

Linken-Chef Klaus Ernst sieht das Amt des Bundespräsidenten durch den Kredit beschädigt. Er lobte aber gleichzeitig Wulffs Positionen zur Integration und zur Aufarbeitung des Rechtsterrorismus. „Das bewerte ich einfach positiv“, sagte er in Berlin. „Ich hoffe, dass es Herrn Wulff gelingt, die Dinge so auszuräumen, dass nichts hängen bleibt.“

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) stellte sich hinter Wulff. „Ich kenne Christian Wulff seit 20 Jahren und weiß, dass er ein ganz solider und integrer Politiker ist“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. „Ich hoffe, dass das, was jetzt diskutiert wird, so schnell wie möglich abgearbeitet wird und dann auch Geschichte ist.“

Auch der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, stand dem Staatsoberhaupt bei. „Es gibt an seiner Amtsführung als Bundespräsident bislang nichts auszusetzen“, sagte Sommer am Montag der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Er lobte ausdrücklich Wulffs Auftreten bei seiner Israel-Reise und seine Rede vor einem Jahr zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit. Der DGB-Chef verlangte allerdings auch rückhaltlose Aufklärung der Vorgänge.