Geht es nach OB Bernhard Schuler, könnte am Eingang des Leonberger Krankenhauses schon bald „Robert-Bosch-Krankenhaus“ anstatt „Klinikverbund Südwest“ stehen. Foto: Peter Petsch

OB Bernhard Schuler glaubt, dass der Landkreis Böblingen das Krankenhaus in Leonberg ausbluten lässt, und liebäugelt deshalb mit einer Übernahme durch das Robert-Bosch-Krankenhaus. Auf dem Burgholzhof gibt man sich interessiert.

Stuttgart - OB Bernhard Schuler glaubt, dass der Landkreis Böblingen das Krankenhaus in Leonberg ausbluten lässt, und liebäugelt deshalb mit einer Übernahme durch das Robert-Bosch-Krankenhaus. Auf dem Burgholzhof gibt man sich interessiert.

Schwarze Zahlen

Ullrich Hipp, Geschäftsführer des Robert-Bosch-Krankenhauses (RBK), nimmt die Avancen von Leonbergs Oberbürgermeister als Bestätigung seiner Arbeit. Bernhard Schuler wünscht sich, dass das RBK lieber heute als morgen das Krankenhaus unterm Engelberg vom Klinikverbund Südwest übernimmt, und Hipp sagt: „Wir freuen uns, dass wir offenbar einen guten Ruf genießen.“
 
 Der kommt nach seiner Ansicht nicht von ungefähr. So verfüge man über einen großen Forschungsbereich für Themen wie Onkologie (Krebs-Wissenschaft) oder klinische Pharmakologie (Auswirkung von Medikamenten), und habe schon seit Jahren das Krankenhaus im Sinne der Patienten als Kunden umgebaut – mit interdisziplinärer Notaufnahme und Bildungszentrum. Deshalb seien nicht nur alle Stellen besetzt, sondern die knapp 1200 Betten auch zu 95 Prozent ausgelastet.
 
Zum Vergleich: Nach Hipps Angaben sind es in Baden-Württemberg und auch in ganz Deutschland rund 75 Prozent. „Mit unserer Quote kann man teure Ressourcen wie die Labormedizin ausschöpfen“, sagt der Geschäftsführer, und: „Unser Verbund arbeitet seit Jahren mit positiven Jahresergebnissen.“ Dazu gehören neben dem Stammhaus die Geburtsklinik Charlottenhaus, das Furtbach-Krankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie, sowie die Klinik Schillerhöhe in Gerlingen.

Dass alle Stellen besetzt sind, belegt für Hipp auch, dass Behauptungen falsch sind, wonach man schlechter als andere Kliniken bezahle: „Wir haben die gleichen Gehaltstabellen wie alle.“ Verdi-Gewerkschaftssekretär Jürgen Lippl etwa misst der RBK GmbH „ein etwas niedrigeres Lohnniveau“ als dem Klinikverbund Südwest zu. Hipp ist es auch wichtig, dass man die gleichen Vergütungen wie andere bekomme und sich keine Rosinen herauspicke: „Wir behandeln jeden Patienten, der zu uns kommen möchte.“

Rote Zahlen

Während die Verdi-Vertrauensleute im Klinikverbund Südwest davor warnen, das Haus in Leonberg zu privatisieren, sieht OB Schuler einen gewaltigen Unterschied zu anderen privaten Kliniken: „Das Robert-Bosch-Krankenhaus gehört einer Stiftung, die sich am Gemeinwohl orientiert.“ Da fühlt sich der OB gut aufgehoben und mit ihm andere im Raum Leonberg wie der Rutesheimer Bürgermeister Dieter Hofmann.

Dass sich Schuler heimlich, still und leise auf die Suche „nach einem starken Partner“ gemacht hat, „der möglichst kompetent ist“, so der OB, liegt am Umbruch im Klinikverbund Südwest, zu dem auch die Krankenhäuser von Böblingen, Sindelfingen und Herrenberg sowie Calw und Nagold gehören. Der Verbund war 2006 von den Landkreisen Böblingen und Calw sowie der Stadt Sindelfingen gegründet worden, um Defizite zu vermeiden und dazu noch Investitionen zu erwirtschaften.

Tatsächlich kämpfte 2013 allein der Kreis Böblingen mit einem Minus von weit mehr als 20 Millionen Euro. Inzwischen gilt als ausgemacht, dass eine zentrale Großklinik mit bis zu 800 Betten auf dem Flugfeld zwischen Böblingen und Sindelfingen kommen und Leonberg sowie Herrenberg nur noch Grundversorgung leisten sollen. Die Eckpunkte des Medizinkonzepts soll der Kreistag an diesem Montag beschließen.

Nachdem das Papier Mitte November im Kreistag erstmals vorgestellt worden war, regte sich in Leonberg bald Protest. Das Wort von der Portalklinik machte von Böblingen aus die Runde und brachte viele Bürger im nördlichen Landkreis auf. Dort war man nie glücklich über die Auflösung des Landkreises im Zuge der Verwaltungsreform in den 70er Jahren, schließlich orientiert man sich eher an Stuttgart als an Böblingen. Wo seit Einführung des alten Autokennzeichens im vergangenen Jahr der Verkehr wieder zunehmend von „LEO“ beherrscht wird, gesellte sich nun häufig noch der Protestaufkleber „LEO Krankenhaus muss bleiben“ dazu. Und den Rückhalt fixierten viele schriftlich. Bürgerin Martina Gerhold sammelte fast im Alleingang mehr als 30  000 Unterschriften und übergab sie Mitte Februar an Landrat Roland Bernhard.

Großes Einzugsgebiet

Für OB Schuler kommt der Protest nicht überraschend. „Mit dem Medizinkonzept wird das Krankenhaus nicht nur geschwächt, sondern existenziell gefährdet“, sagt Schuler. Das Haus habe ein Einzugsgebiet von 180 000 Menschen, so viele wie andernorts Landkreise bevölkern. Und die Gastroenterologie (Magen-Darm-Wissenschaft) sei eine von zwei rentablen Abteilungen im Klinikverbund neben der Orthopädie in Sindelfingen.

„Das Hauptdefizit kommt nicht von hier“, sagt Schuler, der durchaus stolz auf das Krankenhaus an der Rutesheimer Straße ist. Das Konzept aber sei so angelegt, dass die Satelliten Leonberg und Herrenberg ein Minus verbuchten, das von der Zentralklinik aufgefangen werde. „Wenn der tolle Gewinn vom Flugfeld doch nicht kommt, wird der Verbund seine Defizitbringer auch nicht halten“, glaubt Schuler.

Weil Landrat und große Teile des Kreistags das Konzept unterstützen, hat sich der OB schon zweimal auf den Weg zu Ullrich Hipp gemacht. Was den RBK-Geschäftsführer nicht kaltlässt. „Das Leonberger Krankenhaus mit seinem Einzugsgebiet ist interessant“, sagt Hipp, „wir würden uns schon auch in der Tiefe damit befassen.“

Dazu müsse aber erst der Landkreis sagen, ob er bereit ist, Leonberg aus dem Verbund zu entlassen – und zu welchen Konditionen. Sprich: wie viel Geld es dem Kreis wert wäre, einen seiner Verlustbringer loszuwerden. „Solange das nicht klar ist, steigen wir nicht in weitere Überlegungen und Verhandlungen ein“, sagt Ullrich Hipp. Schuler und Landrat Roland Bernhard wollen sich in Kürze treffen.

Der Böblinger Landrat findet Schulers Vorgehensweise am Eigentümer vorbei eher „merkwürdig“, erklärte sich andererseits aber „für jede wirtschaftliche Hilfestellung und Mitverantwortung dankbar“. Bernhard verweist aber darauf, alle Fraktionen im Kreistag wollten, dass die Kliniken in kommunaler Trägerschaft bleiben. Mit Blick auf die anstehende Kreistagssitzung sagt der Kreischef: „Unser Fahrplan steht, aber natürlich wird die Diskussion auch nach dem 5. Mai weitergehen .“ Mal sehen, ob ihn Bernhard Schulers Ideen überzeugen.