Hanna Hesse, Bert Klein und Michael Herrschel erinnerten in der Effringer Marienkirche an Komponistinnen, die es ihrerzeit nicht leicht hatten. Foto: Kosowska-Németh

Die Musikschule Wildberg stellte ihr neuestes Projekt "Starke Stücke" vor – ein Kammerkonzert mit der Cellistin Hanna Hesse, dem Pianisten Bert Klein sowie Michael Herrschel als Rezitator und Sänger.

Wildberg-Effringen - In einem geschmackvoll gestalteten Reigen stellte das Ensemble das zeitgenössische Werk "Sieben Rosen" von Violeta Dinescu einigen alten und uralten Kompositionen aus weiblichen Händen gegenüber. Während die Frauen von heute ihre Fähigkeiten frei entfalten können, strandeten unzählige weibliche Musiktalente aufgrund der damaligen Gesellschaftsordnung in den Untiefen der Geschichte. Erst 1979 wurde in Frankfurt/Main das weltweit größte Archiv "Frauen und Musik" gegründet, in dem sowohl gegenwärtige Errungenschaften als auch alte Manuskripte und Erstdrucke ein Zeugnis über den Schaffungsdrang mehrerer Frauen-Generationen ablegen und an die verblassten oder vergessenen Namen erinnern.

Expressivität und Schaffens-Passion

Sowohl "starke Stücke" aus der Barockzeit von Francesca Caccini, Antonia Bembo und Anna Bon di Venezia als auch romantische Kompositionen von Emilie Mayer und Fanny Hensel (geborene Mendelssohn) führten die Zuhörer in die durch Musik überlieferte Gefühlswelt der Frauen von anno dazumal. Und wahrlich, die Leidenschaft der Ton- und Wortkünstler spiegelte Expressivität und glühende Schaffens-Passion der verblichenen Geister wider.

Hanna Hesse interpretierte die "introvertierten und hinreißenden" (Herrschel) romantische Werke mit seidigen Bogenstrichen und subtilem Vibrato. Ihre Liebe zum Detail drückte sich vor allem in der dynamischen Mannigfaltigkeit der einfühlsam geführten Phrasen aus, wobei der Celloklang stellenweise von dem virtuos ausgebauten Klavierpart überschattet wurde.

Das Liebesgedicht "Sieben Rosen" von Bertold Brecht wurde für Violeta Dinescu zur Inspiration für sieben poetische Miniaturen für Solocello. Hesse fing diese Augenblicke des Glücks auf eine farbige, improvisatorische und verklärte Weise auf.

Herrschel sorgt für echte Furore

Der Pianist Klein erwies sich als ein universell einsetzbarer Kammermusik-Partner, Continuo-Spieler und Solist. In einer Sonate für Cembalo von Anna Bon di Venezia aus dem Jahr 1757 hob sein selektiver Anschlag die Merkmale des stilistischen Übergangs zwischen Spätbarock und Frühklassik deutlich hervor.

Michael Herrschel führte durch das Konzert sachlich-souverän, und das Publikum fand nicht nur seine historischen Erläuterungen geistreich und tiefgründig. Zweimal präsentierte sich der Rezitator als ein ausdrucksstarker Sänger, der neben konturklarer Stimme und makelloser Aussprache zweifelsfrei über eine seltene Bühnen-Fähigkeit verfügt: Die Menschen in seinen Bann zu ziehen und sie mit Worten zu fesseln. Herrschel sorgte für echte Furore, nachdem er ein Stück aus der Zeit des französischen Sonnenkönigs in Hofmusik-Manier vorführte und dann einen Teil davon als Zugabe wiederholte.

In jeder Hinsicht war das Konzert ein echter Erfolg des Ensembles. Hoffentlich bleibt der gelungene Auftritt keine "Eintagsfliege".