Das saarländische Verbot für käuflichen Sex ohne Kondom geht aus Sicht von Baden-Württembergs Sozialministerin Altpeter (SPD) in die falsche Richtung. Foto: dpa

Das saarländische Verbot für käuflichen Sex ohne Kondom geht aus Sicht von Baden-Württembergs Sozialministerin Altpeter (SPD) in die falsche Richtung. Sie schlägt gleich vor, die Prostitution komplett zu verbieten. Keine Lösung, findet Almut Siefert. Ganz im Gegenteil...

Das saarländische Verbot für käuflichen Sex ohne Kondom geht aus Sicht von Baden-Württembergs Sozialministerin Altpeter (SPD) in die falsche Richtung. Sie schlägt gleich vor, die Prostitution komplett zu verbieten. Keine Lösung, findet Almut Siefert. Ganz im Gegenteil...

Die Welt der Prostitution ist nicht nur schwarz oder weiß. Es gibt nicht nur Opfer oder die „Pretty Woman“ aus dem gleichnamigen Film mit Julia Roberts als der Vorzeige-Prosituierten und Richard Gere als dem Gentleman-Freier. Fest steht: Im Sexgewerbe finden Menschenrechtsverletzungen statt. Fest steht: Es gibt Frauen und Männer, die zur Sexarbeit gezwungen werden. Fest steht aber auch: Es gibt Menschen, auf die das alles nicht zutrifft – die freiwillig und bewusst als Prostituierte arbeiten.

Für diese Menschen wurde 2002 das Prostitutionsgesetz erlassen, das den Beruf aus der Schmuddelecke herausholen sollte. Das Gesetz muss dringend überarbeitet werden. Forderungen nach einer Kondompflicht und einem Verbot der Prostitution führen allerdings komplett in die falsche Richtung und wären mehr als kontraproduktiv.

In der Diskussion um das Gewerbe mit der Lust wird die Prostitution oft pauschal mit Menschenhandel und Menschenrechtsverletzungen gleichgesetzt – Ende Februar erst vom EU-Parlament. Das spricht die Empfehlung aus, die Mitgliedstaaten sollen dem nordischen Modell von Schweden, Island und Norwegen folgen, in dem Prostitution als Verletzung der Menschenrechte und als Form von Gewalt gegen Frauen angesehen wird. Es bleibt eine Resolution des Europaparlaments und ist daher nicht bindend. Zum Glück. Prostitution bedeutet das Geschäft Sex gegen Geld, von beiden Seiten gewollt, vom Anbieter und vom Konsumenten. Nicht mehr und nicht weniger.

Wer von Menschenrechten spricht, sollte diese auch kennen. Artikel 23 der UN-Menschenrechtscharta besagt: Jeder hat das Recht auf freie Berufswahl und auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen. Genau das sollte der Gesetzgeber leisten: die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen, mit denen die Ausübung der Prostitution als frei gewähltem Berufs menschenwürdig möglich ist. Menschenhandel, Ausbeutung und Zwang haben mit Würde nichts zu tun. Der Leitsatz sollte heißen: In einer guten Welt haben diese Straftaten auch nichts mit Prostitution zu tun. Und nicht: In einer guten Welt gibt es keine Prostitution.

Landessozialministerin Katrin Altpeter (SPD) hat vollkommen recht, wenn sie sagt, mit einer Kondompflicht werden nur die Prostituierten verfolgt und kriminalisiert, während die Freier ungeschoren davonkommen. Frau Altpeter liegt aber komplett daneben, wenn sie daraus folgert, statt einer Kondompflicht ein Verbot der Prostitution zu fordern. Um die Freier zu bestrafen und nicht die Prostituierten. Falsch gedacht.

Den Freier an sich zu kriminalisieren folgt einer falschen Moral. Warum sollte es verboten sein, dass zwei Menschen in – und das ist zu betonen – gegenseitigem Einverständnis das Geschäft Sex gegen Geld eingehen. Ein Freier ist dann kriminell, wenn er die offensichtliche Zwangssituation seines Gegenübers ausnutzt. Oder wenn er sie oder ihn zwingt, den Geschlechtsverkehr ohne Kondom zu vollziehen. Und selbstredend: wenn er gewalttätig wird.

Durch eine pauschale Kriminalisierungspolitik rückt das Sexgewerbe nur noch weiter in den rechtlosen Raum. Das Gewerbe und die Menschen, die darin arbeiten, wandern damit in die dunklen Ecken des Landes, in denen die Frauen und Männer vollkommen schutzlos genau dem ausgesetzt sind, was eigentlich bekämpft werden soll: Menschenrechtsverletzungen, Zwang und Ausbeutung. Keine befriedigende Lösung.

a.siefert@stn.zgs.de