Ausbilder Schmidt zieht alle militärischen Register. Foto: Szymanski

Haben Sie gedient? Nöö. Haben Sie sich wenigstens amüsiert? Naja, im zweiten Teil schon. Holger Müller amüsierte die Besucher in der Balinger Stadthalle als Ausbilder Schmidt.

Balingen - Haben Sie gedient? Nö. Haben Sie sich wenigstens amüsiert? Naja, im zweiten Teil schon. Denn wer sich zum ersten Mal von Ausbilder Schmidt alias Holger Müller einen Anschiss abholt, erlebt zwei Seiten in der Ausübung der hohen Kunst der Komik: Das Bedienen von Klischees, viel Militärisches und deshalb ziemlich anachronistisches Gedöns. Und dann wirklich Komisches nach der Pause mit furchtbar bösen Aliens, die ein zuckersüßes Liedlein von der Erde vertreibt.

Nur halb voll ist der kleine Stadthallensaal. Aber die Hälfte davon sind junge Männer, die auf die Fragen nach dem Dienen stramm mit "Jawoll!" antworten können. Auch Dirk, der Anwalt in der ersten Reihe. Da muss selbst der ausgebuffte Ausbilder die Notbremse seines Panzers ziehen und die Sonnenbrille sowie das rote Barett zurechtrücken.

Schmuddelige Witze

Doch Dirk wird erst im zweiten Teil seinen Auftritt haben. Im ersten Teil wird gepöbelt, werden schmuddelige Witze gerissen, alle militärischen Register gezogen und Gemeinplätze gebaut, dass die Panzerketten klirren. Eine Kostprobe, und zwar eine der wenigen harmlosen: Bewegungsmelder in Ämtern – macht doch eigentlich keinen Sinn. Prima, jetzt sind auch die anderen Staatsdiener gemaßregelt worden.

Aber mitunter genügt auch ein Name, um glucksen und kichern auszulösen: Thorben, einer der drei neuen Rekruten des Ausbilders. Und natürlich Schackeline, die in der Grundausbildung endlich was für Bauch, Beine, Po machen will und ein T-Shirt verlangt, das zu ihrem blauen Nagellack passt. Ein Mannweib geht durch statt über die Kletterwand, Thorben will vegan essen. Der Ausbilder ist am Ende seiner ohnehin kaum vorhandenen Geduld und will Bademeister in Neukölln werden.

Was ist luschig?

Die jungen Männer lachen, und die imaginäre Schackeline fragt, wo denn das alte Kölln geblieben sei. Die Burschen im Saal antworten aber brav auf die zentrale Frage: Was ist luschig? Zum Beispiel die Sache mit dem Apfel, den die Partnerin in Stückchen schneidet und ihn so ihrem Herrn offeriert. Einige Hände heben sich, aber eine junge Frau sagt, dass ihr solches geschähe. Das Mitarbeiten des Publikums gefällt dem Ausbilder Schmidt, der mit dieser Masche seit geschlagenen 20 Jahren durch die Lande tourt.

"Schackeline, fahr mal der Panzer vor", nennt er sein neues Programm, damit man gleich weiß, um was es geht: um gepflegte und gehegte Vorurteile und die üblichen Verdächtigen wie Urologen, den um 100 Kilogramm leichter gewordenen Reiner Calmund, Holländer und Franzosen: "Pommes sind Besatzungsfraß", zotet der Ausbilder und zeigt beide Zahnreihen.

Übung im dunklen Tann

Dann der Umschwung im zweiten Set: Jetzt wird’s richtig komisch, und Holger Müller verstreut seine überbordende Kreativität. Die Apfelstückchen sowie die drei Rekruten spielen weiter mit und müssen eine Übung im dunklen Tann bewältigen. Und endlich darf auch der Anwalt mitarbeiten. Ein Käuzchen soll er imitieren, damit es richtig schaurig wird.

Das macht er so gut, dass er gar nicht mehr aufhören mag. Doch in der Kaserne ist Schluss mit dem Rumgepfeife. Die IT-Ausstattung besteht aus einem 40 Jahre alten Faxgerät von 80 Kilogramm echtem Kruppstahl und einem Commodore 64 aus dem Jahr 1982: "Reinstes Mittelalter" wettert der Ausbilder, der dann die gruselige Geschichte erzählt von den Aliens, die die Welt vernichten wollen.

Das Raumschiff implodiert

Wer rettet diese? Ausbilder Schmidt selbstredend. In die Jahre gekommen, greift er zum letzten Mittel. Mit zusammengekniffenen Lippen, brüchiger, mitunter versagender Stimme und eingehüllt in ein weißes Kleid intoniert er "Ein bisschen Frieden" von ESC-Gewinnerin Nicole. Die Aliens zerreißt es dadurch in 1000 Stücke, und das Raumschiff implodiert. Wir, das Publikum, sind nun bedient und haben uns, so gut wir können, amüsiert.